Es ist daher an der Zeit, sich mit den Implikationen der Taxonomie auf das eigene Geschäft vertraut zu machen und den Anforderungen einer transparenten Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2021 nachzukommen.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz für nachhaltige Investitionen
Die EU-Taxonomie ist ein zentrales Element in einer Reihe von Gesetzgebungen auf EU-Ebene, die darauf abzielen, die Transparenz im Bereich der Nachhaltigkeit drastisch zu erhöhen. Ziel ist es, die Investitionsströme aus dem Finanzsektor an Unternehmen zu fördern, die sich mit nachhaltigen Aktivitäten beschäftigen, damit die EU ihrer Verpflichtung des Pariser Klimaabkommens, bis 2050 CO2-neutral zu werden, nachkommen kann. Die standardisierte Definition grüner Geschäftsaktivitäten in der Taxonomie bildet die Grundlage für den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums und informiert über die übergreifenden Ziele des EU Green Deal und des europäischen Konjunkturprogramms.
Um entsprechend der Taxonomie Verordnung als „grün“ zu gelten, müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der in der Taxonomie Verordnung festgeschriebenen Umweltziele leisten:
Die wirtschaftlichen Aktivitäten dürfen außerdem keinem der anderen Umweltziele einen signifikanten Schaden zufügen („Do No Significant Harm“-Regel). Darüber hinaus müssen die betroffenen Unternehmen die von der EU-Kommission vorgegebenen soziale Mindestanforderungen erfüllen.
alle neuerungen auf einen blick?
Aktuell arbeitet die EU-Kommission an der Ausarbeitung der finalen Kriterien für die ersten beiden Umweltziele, die im Zuge einer delegierten Verordnung mit Anfang des Jahres 2021 veröffentlich werden. Die Kriterien der restlichen Umweltziele werden im Laufe von 2021 ausgearbeitet und bis Ende des Jahres zur Anwendung veröffentlicht. Um sicherzustellen, dass die Kriterien alle relevanten Sektoren und wirtschaftlichen Aktivitäten umfassen, erfolgt die Identifizierung anhand der EU-Klassifikation der wirtschaftlichen Tätigkeiten "Nomenclature européenne des activités économiques“ (NACE). Dies erlaubt Unternehmen, die Relevanz der Taxonomie in Abhängigkeit ihrer Branche zu verstehen und anzuwenden.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Kapitalmarktorientierte Unternehmen aus der Realwirtschaft, die im Zuge der Non-Financial Reporting Directive (nationale Umsetzung in Österreich NaDiVeG) zu einer nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, müssen im Rahmen der EU-Taxonomie ab 2022 (rückwirkend für das Geschäftsjahr 2021) erstmalig angeben, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit als nachhaltig einzustufenden, „grünen“ Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind (Berichtspflichten hinsichtlich der EU-Taxonomie bestehen auch für Unternehmen in der Finanzindustrie sowie für die EU und ihre Mitgliedstaaten werden hier jedoch nicht weiter erläutert). Die Angaben sind im Rahmen der nicht-finanziellen (Konzern-) Berichterstattung, dh. in der nicht-finanziellen Erklärung oder im gesonderten nicht-finanziellen Bericht, offenzulegen.
Diese von den Unternehmen veröffentlichten Informationen, sind für externe Berichtsadressaten und insbesondere auch für Finanzinstitute relevant, um Transparenz dahingehend zu schaffen, inwieweit ihre Produkte (Kreditvergaben, Geldanlagen) mit ökologisch nachhaltig einzustufenden, „grünen“ Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind.
Im Rahmen der Überarbeitung der EU-Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung wird diskutiert, dass diese Pflichten zukünftig auch für nicht-kapitalmarkt-orientierte Unternehmen gelten könnten. Unabhängig davon sollten sich auch Unternehmen, die nicht direkt von der EU-Taxonomie Verordnung betroffen sind, darauf einstellen, dass Banken und Investoren zukünftig vermehrt Taxonomie relevante Daten anfordern werden.
Anforderung an die Berichterstattung
Die betroffenen Unternehmen müssen entsprechend der Taxonomie für das Geschäftsjahr 2021 über die Ziele (1) Klimaschutz und (2) Anpassung an den Klimawandel berichten, und für das Geschäftsjahr 2022 über die restlichen vier Umweltziele. Im Fokus der Berichterstattung stehen hier drei Kennzahlen:
Umsatz: Anteil des Umsatzes von Produkten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten.
CapEx und OpEx: Anteil der Gesamtinvestitionen (CapEx) und/oder Anteil der Betriebsausgaben (OpEx) im Zusammenhang mit Vermögenswerten oder Prozessen, die mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten verbunden sind.
Ein weiterer delegierter Rechtsakt der voraussichtlich im Juni 2021 veröffentlicht wird, soll weitere Aufschlüsse über den genauen Inhalt und die Darstellung der erforderlichen Berichtsangaben, einschließlich der anzuwendenden Methodik zur Berechnung der Indikatoren (Umsatz, CapEx, OpEx), geben.
Implikationen für die Strategie
Über die neuen Berichterstattungspflichten hinaus werden sich für Unternehmen weitere Implikationen in Hinblick auf die Klimastrategie, das Produktportfolio oder die Veränderung von Kundenanforderungen ergeben.
Klimastrategie und Produktportfolio: Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, Finanzströme stärker hin zu grünen Wirtschaftsaktivitäten zu lenken. Gerade bei CO2-intensiven Unternehmen wird die Taxonomie zu größerer Transparenz und Vergleichbarkeit in Hinblick auf die Klimastrategie und das Produktportfolio führen.
Indirekte Effekte durch Kundenanforderungen: Kunden werden ihrerseits von der EU-Taxonomie betroffen sein und müssen entsprechend berichten. Es ist zu erwarten, dass sich in der Wertschöpfungskette vorgelagerte Unternehmen mit gesteigerten Reporting Anforderungen seitens ihrer Kunden auseinandersetzen müssen, damit diese Taxonomie-Konformität erreichen können.
Schlüsselfragen zur Anwendung der EU-Taxonomie
Unternehmen sollten die EU- Taxonomie als Chance sehen, ihr operatives Geschäft nachhaltiger gestalten zu können, sowie die Kommunikation zu Investoren und anderen Stakeholdern zum Thema Nachhaltigkeit und Transparenz zu verbessern. Um die Auswirkung der Verordnung auf die verschiedenen Wirkungsfelder zu verstehen, sollten sich Unternehmen daher im Vorfeld der Umsetzung mit folgenden Schlüsselfragen auseinandersetzen.
Der Autor: WP/StB Mag. Stefan Uher ist Partner und Geschäftsführer bei EY und leitet den Fachbereich „Financial Accounting Advisory Services“. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Prüfung und Beratung von nationalen und internationalen Konzernen und ist Fachvortragender an diversen österreichischen Bildungseinrichtungen. Er ist im Fachbeirat der RECON und regelmäßig beim CFO Forum.
Zu seinem ausführlichen Profil auf der EY-Homepage.