Prof. Dr. Viktor Mayer-Schöneberger im Interview mit Andrea Burchhardt
Daten statt Preise
In seinem Buch „Das Digital“, angelehnt an Karl Marx‘ „Das Kapital“, beschreibt Mayer-Schöneberger, dass im Digitalzeitalter nicht mehr Preise, sondern Daten entscheidend sein werden. Müssen sich die Finanzchefs also um ihre Zukunft sorgen, wenn Geld keine Rolle mehr spielt? Das Gegenteil ist der Fall, ist Mayer-Schöneberger überzeugt. Die guten Finanzchefs hätten seit langem erkannt, dass bei ihnen die Informationsflüsse zusammenlaufen. „Sie haben den Überblick und sehen Dinge, die ihren Vorstandskollegen verborgen bleiben. In Zukunft werden neue und andere Informationsflüsse die bestehenden ergänzen, aber die Funktion der Finanzchefs wir damit an strategischer Bedeutung eher noch gewinnen“, so seine Einschätzung.
Wer entscheidet: Mensch oder Maschine?
Fix ist: Kluge Algorithmen und Künstliche Intelligenz können schon heute Informationen besser als Menschen es je könnten, verarbeiten. In vielen Bereichen sind wir Menschen nicht so gut in der Lage, sachliche Entscheidungen zu treffen wie Maschinen. „Überall, wo viele Daten vorliegen, ist uns die Maschine überlegen“, präzisiert der Experte. Mutige Entscheider beispielsweise im Risk Management sind dennoch gefragt: „Dort wo Daten fehlen, Entscheidungen aber zu treffen sind, werden auch in Zukunft Menschen benötigt.“
Data makes the world go round
Die Veränderungen durch Big Data beschreibt Mayer-Schöneberger als ähnlich tiefgreifend wie jene, die einst Gutenbergs Druckerpresse auslösten. „Wir stehen mitten in diesem Übergang vom Finanz- zum Datenkapitalismus.“ Den kometenhafte Aufstieg der digitalen Superstars wie Google, Apple, Facebook, Amazon und andere sieht er als ein klares Zeichen für diesen Trend: „Aber es sind auch die hohen Bewertungen an der Börse für Unternehmen, die erfolgreich aus Daten Einsichten schöpfen.“ In dieser schnellen, datengetrieben Welt würden sich so manch traditionelle Finanzdienstleister schwertun. Um Wertschöpfung im Datenkapitalismus generieren zu können, ist das richtige Mindset unabdingbar. „Schlaue Manager erkennen, dass in Zukunft neben der konventionellen Wertschöpfung sich vor allem auch aus Daten Einsichten gewinnen lassen, die werthaltig sind. Damit lassen sich bestehende Produkte und Dienstleitungen verbessern und neue entwickeln. Die Zukunft ist nicht Größe sondern datengetriebene Innovation.“
Spieß umdrehen: Werkzeuge nutzen!
Du bekommt meine Daten – und was bekomme ich? Dass wir uns in Wahrheit nicht gegen das Datensammeln großer Konzerne wehren können, ist für Professor Mayer-Schöneberger Fakt. Seine dringende Empfehlung daher: die Werkzeuge für sich selbst nutzen! „Ziel ist nicht viele Daten an Facebook und Co zu liefern, sondern den für mich größten Nutzen aus den Diensten zu ziehen. Wenn das bedeutet, dass ich manches meiner Daten preisgeben muss, ist das okay, solange ich dafür einen entsprechenden Gegenwert erhalte. Was gar nicht mehr geht in Zukunft, ist, von den Leuten Daten abzusaugen ohne dafür etwas zu bieten. Daher werden sich beispielsweise traditionelle Finanzdienstleister, aber auch Autohersteller schwer tun.“
Eines der Forschungsinteressen von Viktor Mayer-Schöneberger sind die gesellschaftlichen Folgen der Nutzung von Big Data. Der österreichische Jurist, der an der Oxford-Universität lehrt, wird am 11. April 2019 das Businesscircle CFO Forum eröffnen – und unter anderem über die Rolle des Finanzchefs der Zukunft sprechen.
Mehr zum Einfluss der datengetriebenen Informationssysteme auf die Wirtschaft und welche Rolle CFOs in der Zukunft spielen, wenn das F nicht allein für „Financial“, sondern auch für „Future“ steht, wird beim 16. CFO Forum am 11. und 12. April 2019 in Stegersbach diskutiert. Seien Sie dabei beim exklusiven Fach- und Erfahrungsaustausch von Österreichs Finanzchefs!