Die Firma Rohrer Group mit Sitz in der Steiermark ist das, was man einen "hidden champion" nennt: ein internationaler Anbieter von Industriedienstleistungen wie Montage, Reinigungsdienste oder Instandhaltung. Zu ihren Kunden zählen Unternehmen wie OMV, BASF oder voestalpine. Die Migration auf ein neues und einheitliches ERP-System war für die Rohrer Gruppe mit 45 Standorten in Europa und dem nahen Osten eine Notwendigkeit, um die mit der Expansion einhergehenden Geschäfts- und Marktanforderungen bedienen zu können. Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister S&T AG entschied sich die Rohrer Gruppe für die Einführung von SAP S/4HANA Cloud, einem ERP-System von SAP, das in einem Software-as-a-Service-Modell angeboten wird. Nach einer Implementierungszeit von 12 Wochen ging die Lösung im April 2019 live.
Mit Hilfe der SAP-Software ist es der Rohrer Group gelungen, über alle 45 Standorte hinweg einen einheitlichen Prozess aufzustellen und das Unternehmen so für die Zukunft gut zu rüsten.
Business Circle: Knapp zwei Jahre nach der Implementierung: Welches waren die größten Anfangserfolge, welche Klippen galt es zu umschiffen?
Mitteregger / Tesar: Der größte Erfolg war der GoLive an sich. Dies begründet sich insbesondere in der kurzen Durchlaufzeit (von Systembereitstellung seitens SAP bis GoLive mit ca. 100 Usern nur 3 Monate) und in der Tatsache, dass die Software erst seit kurzem auf dem Markt war.
Die größten Probleme lagen in den ersten Upgrades nach GoLive und einzelnen fehlenden Funktionen, insbesondere legal requirements für Rumänien.
BC: Inwiefern machte es sich bemerkbar, dass mit der einheitlichen ERP-Lösung Ressourcen frei wurden, die an anderer Stelle, zum Beispiel bei strategischen Projekten, eingesetzt werden konnten?
Mitteregger / Tesar: Ziel war immer eine Ressourcenoptimierung statt -minimierung, somit haben sich die Schwerpunkte und Arbeitslast verschoben. Mit dem Projekt sollte eine einheitliche Basis für kaufmännischen Prozesse geschaffen werden, um einerseits die Transparenz in einem international tätigen Unternehmen zu erhöhen und andererseits für ein weiteres Wachstum gut aufgestellt zu sein.
BC: Worin liegen in Ihrem Projekt die Vorteile der Cloud- gegenüber einer On-Premise-Lösung?
Mitteregger / Tesar: Hier sind im wesentlichen zwei Punkte zu nennen: Die Systeme werden direkt im SAP-DC betrieben und sind somit nicht mehr in der Verantwortung der eigenen IT. Des Weiteren partizipiert man als Kunde im Rahmen der Updates an den Ideen und Entwicklungen von SAP und anderen Kunden, auch ohne immer selbst aktiv werden zu müssen.
BC: Daran anschließend: Welche Sicherheitsmaßnahmen haben Sie zur Abwehr von cyberkriminellen Aktivitäten getroffen und was in Bezug auf die menschliche Firewall?
Mitteregger / Tesar: Das Betreiben der Lösung im Datacenter der SAP mit seinen hohen Sicherheitsstandards ist per se schon ein Schutz gegen kriminelle Angriffe. Ein High-Security ‚Inhouse-Rechenzentrum‘ ist keine Kernkompetenz von KMUs. Zusätzlich wird das SAP IAM (Identity Access Management) verwendet, in dessen Rahmen eine 2-Faktor-Authentifzierung aktiviert wurde. Innerhalb des S/4HANA Systems greift das klar strukturierte Berechtigungswesen.
BC: Die neuen Upgrades sind ja quartalsweise verfügbar, was eine recht hohe Frequenz ist. Wie gelingt es, das zeitgerecht aufzunehmen und im Unternehmen anzupassen?
Mitteregger / Tesar: Die Upgrades sind tatsächlich eine Herausforderung. Es fehlt teilweise die Zeit, alle neuen Entwicklungen bzw. auch die dazugelieferten Informationen zu verarbeiten. Diese kontinuierliche Weiterentwicklung fördert aber bei allen Usern das ständige ‚am Ball bleiben‘ und ist im Vergleich zu großen Upgradeprojekten alle 1 – 2 Jahre deutlich angenehmer.
BC: Noch eine Frage zum Faktor Mensch: Wie haben Sie die Mitarbeiter mit ins Boot genommen und wie lange hat es gedauert, bis das neue System nach der Implementierung auch wirklich gelebt wurde und sich die ersten Ergebnisse einstellten?
Mitteregger / Tesar: Das Initialprojekt hatte eine sehr kurze Durchlaufzeit, in der der Faktor Mensch nicht in allen Belangen berücksichtigt werden konnte. Der GoLive war sicher ein Schnitt für einige Mitarbeiter, jedoch ist die Akzeptanz besonders in den zentralen Bereichen (Finance & Controlling) schnell gestiegen und nach ca. einem halben Jahr war die Lösung innerhalb des Unternehmens etabliert. Es wurden nicht in jedem Roll-Out alle Funktionen zur gleichen Zeit eingeführt – es erfolgte und erfolgt in den später ausgrollten Landesgesellschaften zum Teil eine Staffelung beginnend mit Finance & Controlling, gefolgt von Procurement und Lagerwirtschaft sowie Sales.
Maria Mitteregger (Rohrer Group) und Wolfgang Tesar (S&T AG) haben damit die erste erfolgreiche Migration auf S/4HANA Cloud in Österreich gemeistert. Im SAP S/4HANA – Praxisforum am 21. Oktober 2021 stellen Sie das ihr Projekt im Rahmen einer umfangreichen Case-Study vor.
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