Österreichs EU-Ratsvorsitz nähert sich seinem Ende. Passend dazu sprach Dr. Franz Fischler am Breakfast Briefing über den Zustand der Europäischen Union.
Das 118. Breakfast Briefing fand am 25. Oktober 2018 in Kooperation mit PwC und RBI im Sky Conference der Raiffeisen Bank International statt.
Kaum ein Österreicher wird so stark mit der Europäischen Union in Verbindung gebracht wie Franz Fischler. Der vormalige Bundesminister wechselte als EU-Kommissar für Landwirtschaft, Entwicklung des ländlichen Raumes und Fischerei nach Brüssel. Heute ist Fischler der Präsident des Europäischen Forums Alpbach. In der Öffentlichkeit gilt er als kompetenter wie leidenschaftlicher Vertreter des Europäischen Gedankens. Am Breakfast Briefing von Business Circle sprach er über die Probleme und das Potenzial der EU – und nahm sich kein Blatt vor den Mund.
Neubau oder Renovierung
Es ist eine Baustelle, da sollte man sich keine Illusionen machen. Das Bild, das Franz Fischler an diesem Oktobermorgen von der EU zeichnet, ist anfangs wenig schmeichelhaft. Zu viele Architekten und Bauherren sind es momentan, die unterschiedliche Ansichten eines Europäischen Hauses verwirklichen wollen. Zu viele Vorstellungen und Ideologien treffen aufeinander. Das nationalistische Weltbild in Ländern wie Italien, Ungarn und Polen stellt sich dem Gemeinschaftsgedanken entgegen und könnte der Europäischen Idee gefährlich werden. Dabei beschönigt Fischler die Problemstellen in Europa nicht: Oft zeigen sich Schwächen in den grundlegenden Verträgen, die sich nur bedingt weiterentwickeln lassen. Was tun? Unsere EU neu entwerfen!
Basiert Europa nur auf Pragmatismus und nicht auf großen Ideen?
– Franz Fischler
Was schlägt Fischler vor? Es gibt viele Möglichkeiten, die Europäische Union sinnvoll umzubauen. Strukturelle Änderungen sind unabdingbar. Ein Europäisches Steuerrecht, ein einheitliches Wahlrecht und der Ausbau des EU-Parlaments zu einem Vollparlament wären Möglichkeiten einer konstruktiven Neuausrichtung. Eine umfassende Renovierung der EU wäre dazu in der Lage, populistischen Tendenzen ihre Schlagkraft zu nehmen. Durch ein Neudenken der Europäischen Politik wären künftig Entwicklungen, wie sie zum Brexit geführt haben, zu vermeiden. Für einen harten Ausstieg des Vereinigten Königreichs sieht Fischler die Chancen übrigens bei über 50%. Denn, das sagt Franz Fischler klar und nachdrücklich, die Stärke der Populisten gründet vor allem auf den Schwachstellen der EU und ihrer Vertreter.
Die Antwort ist Demokratie
Wir brauchen ein starkes Europa. Große wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Fragen der Zukunft lassen sich nicht von einzelnen Staaten lösen. Auch bei der Klimapolitik und der Digitalisierung können große Fortschritte nur durch die Zusammenarbeit aller Staaten erreicht werden. Diese Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Handelns gilt es der europäischen Bevölkerung verständlich zu machen. Die Entkopplung von Wachstum, Energie und Rohstoffen als neue Wirtschaftsstrategie der 2020er Jahre ist ein Projekt, das die EU beispielsweise als Vorzeigeprojekt nutzen könnte.
Europa, das sind nicht die in Brüssel. Das sind wir!
– Franz Fischler
Dabei ist es für Franz Fischler klar, dass bloße Informationskampagnen zu wenig sind, um das Vertrauen der Menschen in die EU zu stärken. Es braucht mehr direkten Dialog der Institutionen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ein Ausbau der repräsentativen Demokratie mit gestärkten Parlamenten und verbesserter Bürgerbeteiligung ist die richtige Antwort auf den Populismus. In diesem Dialog liegt die Zukunft der Europäischen Idee.
Hier können Sie die Vortragsunterlagen herunterladen (pdf, 280 KB)
Hier der gesamte Vortrag als Tondatei (mp3, 180 MB)
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