Dr. Margit Schratzenstaller begann ihren Vortrag vor ca. 100 anwesenden Führungskräften mit der Feststellung, dass man eigentlich „noch viel zu wenig weiß, um das in 45 Minuten abzuhandeln“.
Nach der Begrüßung durch die Gastgeber Business Circle, RBI und PwC startete sie mit den aktuellen Herausforderungen für die Steuer- und Fiskalpolitik. Die Schuldenquote geht in Österreich seit 2016 zwar zurück, aber die öffentliche Verschuldung liegt immer noch erheblich über den EU-Vorgaben. Wenn die Niedrigzinspolitik ein Ende hat, kann das zum Problem werden. Dr. Schratzenstaller ist überzeugt, dass in vielerlei Hinsicht Handlungsbedarf besteht: im Hinblick auf die soziale Selektion, Bildungsvererbung, Kinderbetreuung oder frühkindliche Bildung.
Ein Problem in Österreich seien auch die doch sehr zahlreichen ungünstigen Input- und Output-Relationen. Das sind jene Bereiche, in denen mit relativ viel Mitteleinsatz eher wenig erzielt wird, wie beispielsweise in der Familienpolitik, der F&E Förderung, im Schul-, Bildungs- oder Gesundheitsbereich. Die Föderalismusreform ist dabei der zentrale Hebel. Die Abgabenbelastung ist in Österreich hoch, daher muss der Finanzausgleich auf jeden Fall angegangen werden.
Österreich weist heute vor allem eine hohe Belastung des Faktors Arbeit aus. Und im gesamten Abgabenaufkommen liegt Österreich über dem EU-Durchschnitt. Sieht man sich hingegen die Umweltsteuern an, befindet man sich deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Tax-Compliance ist wesentlich von Transparenz und Effizienz des staatlichen Steuersystems abhängig
Insgesamt ist das österreichische System sehr intransparent. Das birgt die Gefahr der mangelnden Steuerehrlichkeit, denn diese hänge davon ab, wie transparent der Staat ist. Daneben gibt es aber allerdings noch andere Herausforderungen, wie Klimawandel, Energiewende, demografische Entwicklung, die aus der Alterung der Gesellschaft resultierende Verknappung des Arbeitskräftepotenzials, Defizite in der Gleichstellung der Geschlechter, Zunahme der Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen und die zunehmende Komplexität des Abgabensystems. Daher sind für Margit Schratzenstaller die Eckpunkte eines „nachhaltigen“ Abgabensystems die ökologische Verträglichkeit, eine erforderliche Abgabensenkung, weniger Ausnahmen, geringere Steuersätze und vor allem eine nachhaltige Abgabenstrukturreform. Das alles muss eine massive Entlastung des Faktors Arbeit mit sich bringen – und das sollte mehr sein als im Regierungsprogramm steht. Sie fordert keine isolierte Diskussion, sondern eine Umsetzung im Gesamtzusammenhang.
Im Regierungsprogramm ist eine Senkung der Abgabenquote um 40 % vorgesehen. Von den vorgeschlagenen Maßnahmen sind zwei bereits beschlossen. Einerseits ist das der Familienbonus, der Abzug von der Steuerschuld von bis zu 1.500 Euro pro Kind. Hier zeichnet sich ab, dass Haushalte mit mittleren Einkommen am meisten davon profitieren werden. Es gibt aber auch Haushalte geben, für die sich die neue Regelung nachteilig erweisen wird. Schratzenstaller hätte sich hier gewünscht, dass dies in eine größere Strukturreform eingebettet worden wäre. Ebenso beschlossen wurde die Reduktion des Arbeitslosenversicherungsbeitrages für niedrige Einkommen.
Ihre abschließende Einschätzung: Es fehlt die Perspektive einer umfassenden Abgabenstrukturreform, wie auch eine Gegenfinanzierung durch Ökosteuern. Die Mehrwertsteuer ist mindestens so reformbedürftig wie die Einkommenssteuer.
Hier können Sie die Vortragsunterlagen herunterladen (pdf, 400 KB)
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