Dieser Virus bewirkt eine unheimliche Beschleunigung der Digitalisierung unseres gesamten Alltags und der wirtschaftlichen Abläufe. Nach der hoffentlich baldigen Überwindung von Covid-19 wird die Gesellschaft einen davor unvorstellbaren, digitalen Entwicklungsschritt vollzogen haben. Gleichzeitig muss sich der Planet den ungeheuren Herausforderungen des Klimawandels stellen, die spätestens seit Veröffentlichung der ersten Berichte des „Club of Rome“ Anfang der 1970´er Jahre bekannt sind, aber bislang überwiegend verdrängt wurden. Erst in den letzten Dekaden wurden mit den diversen globalen Vereinbarungen (Kyoto-Protokoll, Pariser Klimaabkommen, etc.) erste ernst zu nehmende Schritte unternommen, um die Erderwärmung auf ein gerade noch verträgliches Ausmaß zu beschränken.
Diese Entwicklungen sind nicht nur für die generelle gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung sehr wichtig, sie beeinflussen immer stärker das Investitionsverhalten der Immobilieninvestoren.
Höhere Sicherheit bei geringeren Renditen bevorzugt
Die erwähnten Ereignisse haben vor allem eines bewirkt: Investoren wurden vorsichtiger und suchen nach Investitionsmöglichkeiten mit geringem Risiko. Im Gegenzug werden immer geringere Renditen akzeptiert. Davon profitiert hat vor allem eine Nutzungsart, nämlich städtisches Wohnen. Im Grundbedürfnis Wohnen sehen die Investoren eine krisenresistente Assetklasse, die von der fundamentalen Nachfrage profitiert und nur in geringen Ausmaß zyklenabhängigen Schwankungen unterliegt. Die Investoren antizipieren auch, dass die Anstrengungen zur Erreichung der Treibhausreduktionen steigen werden und vor allem Immobilien nachhaltiger entwickelt und gebaut werden müssen. Die sog. ESG-Anforderungen werden immer wichtiger und man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass schon in absehbarer Zeit Immobilien ohne einschlägige Zertifikate nicht mehr bzw. nur mit Preisabschlägen verkaufbar sein werden, da immer mehr große Asset Manager ihren Bestand auf ESG-Konformität anpassen.
Die ressourcenschonende Ausrichtung ist auch bei Logistikimmobilien, die während der pandemiebedingten Schließung des stationären Handels äußerst stark vom immens gestiegenen on-line Umsatzvolumen profitiert haben, ein wesentlicher Treiber der Entwicklung. Gefragt ist da vor allem die sogenannte letzte Meile, von der aus die geographische Entfernung zum Kunden nur mehr gering ist und schon in wenigen Jahren mit Transportmitteln, die über keine Verbrennungsmotoren verfügen, überbrückt werden kann.
Das ist nur ein kleiner Einblick in die Veränderung der Immobilienwirtschaft und das Investitionsverhalten der Investoren. Zusammenfassend kann aber für all die aktuellen Umbrüche festgehalten werden, dass sich diese so schnell wie nie zuvor vollziehen und die Märkte zum Teil fundamental verändern. Trotzdem entwickelt aber natürlich jeder Investor seine individuelle Strategie für diese Anpassung an die Herausforderungen.
Der Autor: Mag. Franz Pöltl, FRICS, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting GmbH. Davor in leitender Funktion für Immobilienfonds österr. Großbanken sowie Geschäftsführer von Immobilienkapitalanlagegesellschaften. Experte für An- und Verkauf von großvolumigen Immobilien und –portfolios. Am 23. September moderiert er am Real Estate Circle ein Diskussionspanel zum Thema „Investitionspräferenzen eines Global Players“.