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Vor- und Nachteile der Energietransformation – ein Gespräch mit DI Walter Boltz

DI Walter Boltz arbeitet seit 2016 als Senior Energy Advisor bei Baker McKenzie, wir sprechen über seine Erfahrungen als Nicht-Jurist in einer Kanzlei und natürlich über die Chancen und Risiken, welche die Zukunft der Energiewirtschaft mit sich bringt.

Business Circle: Sehr geehrter Herr DI Boltz, eingangs etwas Persönliches: Wie gestaltet sich Ihre Arbeit als Nicht-Jurist in einer der weltweit größten Anwaltskanzleien?
Walter Boltz: Interessant und abwechslungsreich, denn ich kann bei verschiedenen Klienten und Projekten bei Baker immer wieder energiewirtschaftliche und praktische regulatorische Erfahrungen einbringen die typische Juristen so nicht haben, was für beide Seiten interessant ist. Auch habe ich aus der Vergangenheit viel Erfahrungen mit rechtlichen Themenstellungen, und in der Zusammenarbeit mit Juristen aus der Zeit in der ich die E-Control geleitet habe. Insofern ist das für mich nicht wirklich etwas Neues.

BC: Was wäre in Ihren Augen der richtige Mix aus Diversifikationsstrategien und Resilienzmaßnahmen um sauberen Strom auch sicher zu haben?
Boltz: Man muss als Unternehmen überlegen, wie relevant die Stromkosten für das Gesamtergebnis sind. Wer hohe Strommengen und damit auch Stromkosten hat, der sollte heute nicht nur auf den Lieferanten vertrauen, sondern einen Mix an PPAs (Power Purchase Agreements) mit Erneuerbaren Stromerzeugern, Beschaffungen am Spot- und Forward-Markt und Beschaffung der restlichen Mengen über einen Lieferanten anstreben. Damit kann man einerseits günstiger einkaufen und das Risiko optimieren. Natürlich solle man in jedem Fall alle Potentiale für die Eigenerzeugung nutzen, am besten auf eigenem Betriebsgelände, wodurch man auch die Netzkosten spart. In jedem Fall ist es unabdingbar, dass man gute und aktuelle Informationen über den eigenen Bedarf aber auch über die Märkte hat. Man kann entweder die Daten selbst beschaffen oder Dienstleister damit beauftragen.

BC: Eines Ihrer Themen lautet verkürzt „Planungssicherheit trotz EU-Vorschriften“ sehen Sie EU-Vorschriften als Motor oder als Hindernis?
Boltz: Wenn ich mir den Ausbau der Erneuerbaren Stromerzeugung ansehe, dann haben die EU-Vorgaben eher geholfen als behindert. In Österreich war ja die Begeisterung der Genehmigungsbehörden für größere Wind- und PV Anlagen oft eher gering. Durch die EU Ziele und die Energiekrise 2022 ist so viel Druck entstanden, dass es jetzt doch eine steigende Bereitschaft der Landesbehörden gibt, zum Beispiel auch größere PV-Freiflächenanlagen zu genehmigen.
Und ganz wichtig, die EU ist langsam, aber auch vorhersehbar, weil es kaum möglich ist, einmal beschlossene Regelungen kurzerhand zu stoppen. National gibt es aber oft nach jedem Regierungswechsel neue Ideen und oft auch Bestrebungen vorhandene Ziele und Rahmenbedingungen zu ändern. Und diese Sprunghaftigkeit ist Gift für eine geordnete Energiewende.

Speichertechnologie als entscheidender Punkt

BC: Wenn zu viel Wind weht, entsteht zu viel Strom der kostenpflichtig entsorgt werden muss, wenn zu wenig Wind weht, muss zugekauft werden – wie soll Windkraft da kein Kostentreiber sein?
Boltz: Das ist natürlich ein Problem, aber im Moment primär in Norddeutschland. Bei uns ist das noch von geringer wirtschaftlicher Relevanz. Die einfachste Lösung ist hier der Netzausbau. Wir haben ausreichend Speicher-Wasserkraft, nur die Leitungen fehlen, um Überschüsse aus dem Burgenland nach Tirol zu leiten. Natürlich wird es irgendwann auch kostengünstigere (Halbleiter)-Speicher geben, die überschüssigen Grünstrom ein paar Stunden speichern können. Im Moment ist aber der Einsatz von Großbatterien noch recht teuer.

BC: Daran anschließend: Was ist in Ihren Augen der derzeit vielversprechendste Ansatz zur Lösung des Speicherproblems?
Boltz: Wie schon gesagt, ist der Leitungsbau der beste und kostengünstigste Weg. Danach wird man versuchen, den Verbrauch an die Erzeugung anzupassen, danach kann man Lösungen wie V2G (Vehicle to Grid) andenken. Schließlich wird es wohl mittelfristig Halbleiterspeicher und Elektroliseure zur Wasserstoffproduktion geben. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

BC: Wir kommen ja langsam an den Punkt, an dem die ersten Solar- und Windkraftanlagen das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben und entsorgt, bzw. recycelt werden müssen. Sind die dadurch entstehenden Kosten ökonomisch richtig eingepreist?
Boltz: Im Prinzip waren die Förderungen hoch genug, damit die Anlagenbetreiber Rücklagen bilden konnten. Und dann gibt es noch die Option des Re-Powering, wo man die Rückbaukosten in gewissem Umfang in die Errichtungskosten neuer Anlagen überwälzen kann. Ich sehe da keine großen Probleme.

BC: Abschließend: Sie und Business Circle gehen ja schon seit über 10 Jahren ein Stück gemeinsamen Weges. Was ist für Sie das Besondere an Business Circle Konferenzen?
Boltz: Ich sehe einen großen Praxisbezug und das Bemühen, eine breite Palette von Meinungen und Rednern zu integrieren.

BC: Sehr geehrter Herr DI Boltz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie wieder bei uns zu begrüßen!

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DI Walter Boltz arbeitet seit 2016 als Senior Energy Advisor bei Baker McKenzie und ist Mitglied der Antitrust & Competition Practice Group im Wiener Büro von Baker McKenzie. Er ist ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des ACER-Regulierungsrates und Vizepräsident des Council of European Energy Regulators (CEER). Walter leitete 15 Jahre lang die österreichische Regulierungsbehörde E-Control. Darüber hinaus leitete er viele Jahre lang die Gasarbeitsgruppen ACER und CEER. Beim neuen Jahresforum „Renewables meet Industry Exchange“ am 20. Juni 2024 hält er die Abschluss-Keynote zum Thema „Vor- und Nachteile der Energietransformation“



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