Insiderhandel im nicht börsennotierten Bereich: Interview mit Jakob Jaritz, Baker McKenzie
Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Jaritz, Sie sind Associate bei Baker McKenzie in Wien und Lehrbeauftragter der WU Wien, was hat Sie bewogen, sich gerade auf Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht zu spezialisieren?
Jakob Jaritz: Die Spezialisierung auf Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht hat mich besonders gereizt, da diese Materie sehr weit gefächert ist und man mit einer Vielzahl unterschiedlicher Probleme konfrontiert wird und sich dabei besonders häufig diffizile Rechtsfragen stellen. Zudem ist dieses Rechtsgebiet äußerst schnelllebig, was es besonders spannend macht. Bereits während meiner Tätigkeit als Universitätsassistent konnte ich wertvolle Erfahrungen in diesen Bereichen sammeln, was meine Entscheidung weiter bestärkt hat, mich in diesen Themenbereichen zu spezialisieren.
BC: Inwiefern kann es eigentlich Insiderhandel im nicht börsennotierten Unternehmen geben?
Jaritz: Das ist eine durchaus berechtigte Frage und auch der Kern unseres Vortrags. Während der Fokus des Insiderhandels natürlich auf börsennotierten Unternehmen liegt, stellt sich die Frage, ob nicht grundlegende Prinzipien und Wertungen aus diesem Bereich auch auf nicht börsennotierte Unternehmen übertragen werden können. Diese Überlegungen sind nicht nur in Österreich relevant, sondern werden auch in anderen Ländern diskutiert. Es ist meines Erachtens wichtig, diese Diskussion weiterzuführen, um mögliche Regelungslücken zu identifizieren und zu schließen.
BC: Daran anschließend: Welche Stelle bzw. Institution überwacht das?
Jaritz: Eine klassische Institution, die Insiderhandel im nicht börsennotierten Bereich überwacht, wie etwa die FMA im börsennotierten Bereich, gibt es nicht. Vieles davon spielt sich auf vertragsrechtlicher Ebene ab, und die daraus resultierenden Rechtsfragen werden vor den ordentlichen Zivilgerichten geklärt. Unter Umständen können auch strafrechtliche Aspekte eine Rolle spielen, beispielsweise bei Betrug, wobei dann die Strafermittlungsbehörden eingeschaltet werden.
BC: Welche rechtlichen Ansprüche können durch Insiderhandel im nicht börsennotierten Bereich entstehen, insbesondere im Hinblick auf Schadenersatz? Und wie können betroffene Parteien, wie Investoren oder Geschäftspartner, ihren Schaden nachweisen und einklagen?
Jaritz: Ein Schadenersatzanspruch kann insbesondere aus culpa in contrahendo bestehen, wenn bestimmte Informationen, die verpflichtend offengelegt werden hätten müssen, nicht offengelegt wurden. Betroffene Parteien, wie Investoren, können vor den Zivilgerichten auf Schadenersatz klagen. Dabei gilt der Grundsatz, dass derjenige, der sich auf etwas beruft, dies auch nachweisen muss, was in der Praxis durchaus schwierig sein kann.
Als Anwalt die Start-Up Kultur fördern
BC: Was können speziell Anwälte dazu beitragen, die Start-Up Kultur in Österreich zu fördern?
Jaritz: Anwälte können die Start-Up Kultur in Österreich erheblich fördern, indem sie vor allem zu Beginn einfache und verständliche Beratung anbieten. Es ist wichtig, klare und schnelle Antworten zu liefern, anstatt sich hinter komplizierten Formulierungen zu verstecken, da Start-Ups oft noch kein eigenes juristisches Personal haben. Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Thema Kosten. Anwälte können jungen Unternehmen entgegenkommen und durch Capped Fees die finanzielle Planung erleichtern. So können sie dazu beitragen, dass Start-Ups erfolgreich starten und wachsen können. Ich denke aber, dass es in Österreich bereits viele Anwälte gibt, die genau das verstanden haben und so den heimischen Start-Up Markt und dessen Kultur zu fördern.
BC: In Ihrer Rolle als Lehrbeauftragter: Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen Justiz, Rechtsanwaltschaft und Wissenschaft bei der Weiterentwicklung des Kapitalmarktrechts in Österreich?
Jaritz: Besonders aus der Wissenschaft kommen häufig neue Ansätze, die sowohl von der Praxis als auch von der Justiz gehört und berücksichtigt werden. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Kapitalmarktrechts bei. Es ist wichtig, dass dieser Austausch weiterhin gefördert wird, um innovative Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Genau eine solche Veranstaltung wie der Kapitalmarktrechtstag ist dafür ideal.
BC: Sehr geehrter Herr Dr. Jaritz, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch und freuen uns, Sie zur Fachtagung Kapitalmarktrecht begrüßen zu dürfen!