IFRS im Steuerrecht: Wie Immobilienunternehmen profitieren können
Von Gerald Kerbl und Sarah Krammer, TPA: Die IFRS (International Financial Reporting Standards) stellen ein international bedeutendes Regelwerk für die Erstellung von Abschlüssen, insbesondere von Konzernabschlüssen international tätiger Unternehmen dar. Dabei liegt ein entscheidender Vorteil von IFRS-Konzernabschlüssen in ihrer hohen (internationalen) Vergleichbarkeit und Transparenz, wodurch besonders Investoren und Kapitalgebern die Analyse und Bewertung von Unternehmen erleichtert wird.
Die IFRS bieten neben einem erleichterten Zugang zu (internationalen) Kapitalmärkten und Wettbewerbsvorteilen bei Kreditinstituten auch im Zusammenhang mit anderen Stakeholdergruppen einen wesentlichen Erfolgsfaktor.
Kapitalmarktorientierte (Mutter-)Unternehmen in Österreich, also Unternehmen, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt eines EU- bzw. EWR-Staates zugelassen sind, müssen bereits seit dem Jahr 2005 ihre Konzernabschlüsse verpflichtend nach den IFRS aufstellen. Für nicht kapitalmarktorientierte (Mutter-)Unternehmen besteht dagegen keine Verpflichtung zur IFRS-Konzernrechnungslegung, sondern lediglich ein Wahlrecht, bei dessen Ausübung sie von der Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses nach nationalem Bilanzrecht befreit werden.
Somit besteht auch bei fehlender Börsennotierung die Möglichkeit zur freiwilligen und befreienden Konzernabschlusserstellung nach IFRS. Die Umstellung auf IFRS sollte jedenfalls gut abgewogen werden, da es sich dabei nicht nur um eine einfache Änderung des Zahlenwerks, sondern um eine erhebliche Umstellung des betrieblichen Rechnungswesens handelt, mit der eine sorgfältige Planung und Ressourcenallokation einhergeht. Während eine Umstellung auf IFRS generell einige Vorteile, insbesondere hinsichtlich sinkender Kapitalkosten, Optimierungsmöglichkeiten für die Unternehmenssteuerung und der Unterstützung einer Wachstumsstrategie, mit sich bringen kann, entsteht das Bestreben zur Konzernabschlusserstellung nach IFRS bei nicht-kapitalmarktorientieren Unternehmen oftmals durch einen konkreten Anlass. So kann beispielsweise ein geplanter Börsengang, die Begebung von Fremdkapitaltiteln an der Börse, das explizite Verlangen nach einem IFRS-Abschluss von Bilanzadressaten und Kapitalgebern oder die Eingliederung des Unternehmens in einen IFRS-berichtenden Konzern ein Auslöser für den Wechsel zu einem IFRS-Konzernabschluss darstellen. Ein weiterer Grund für den Wechsel zu den IFRS kann das Bestehen von Bewertungswahlrechten darstellen. So kann eine Umstellung auf IFRS insbesondere für Unternehmen mit Bestandsimmobilien vorteilhaft sein, da aufgrund des Bewertungswahlrechts die Immobilien mit dem Verkehrswert, anstatt mit den üblicherweise niedrigen fortgeführten Anschaffungskosten angesetzt werden können.
Während die IFRS für Konzernabschlüsse aufgrund der zunehmenden Internationalisierung, dem generellen Wachstum und einer steigenden Anzahl an Unternehmenstransaktionen immer relevanter werden, sind sämtliche Einzelabschlüsse in Österreich – im Gegensatz zu einigen osteuropäischen Staaten – vom Konzernabschluss losgelöst weiterhin zwingend nach nationalem Bilanzrecht aufzustellen. Hauptursachen dafür sind die im Unternehmensgesetzbuch (UGB) deutlich stärker ausgeprägte Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips, das der Kapitalerhaltung besser Rechnung trägt und dadurch übermäßige Ausschüttungen verhindert, sowie die Tatsache, dass das UGB als Basis für die Steuerberechnung bzw Überleitungsrechnung dient.
Nichtsdestotrotz knüpfen immer mehr europäische und internationale Regelungen des Steuerrechts an die Konzernrechnungslegung und damit insbesondere an die IFRS an, womit den IFRS auch im Zusammenhang mit Steuerplanung und -optimierung eine immer größere Rolle zukommt.
So beinhaltet beispielsweise die Ende 2020 in Österreich eingeführte Zinsschrankenregelung des § 12a KStG, mit der den Vorgaben der EU aus der Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD) zur Bekämpfung von Steuervermeidung Rechnung getragen wurde, eine Ausnahmebestimmung für Körperschaften, die in einen Konzernabschluss nach UGB, IFRS oder anderen vergleichbaren Rechnungslegungsstandards vollständig einbezogen werden. Diese Ausnahme für konzernzugehörige Gesellschaften („Eigenkapital-Escape-Klausel“) ermöglicht bei diesen Körperschaften den Abzug des Zinsaufwands zur Gänze, wenn die Eigenkapitalquote der Körperschaft gleich oder höher als die Eigenkapitalquote des Konzerns ist, wobei eine Unterschreitung um bis zu 2% unschädlich ist. Die Eigenkapitalquoten sind dabei anhand des Konzern- bzw Einzelabschlusses zu ermitteln, wodurch mittels der Konzernrechnungslegung eine gewisse Gestaltungsmöglichkeit für Steuerplanung und -optimierung zukommt.
Der Einfluss von OECD Pillar 2 und anderen internationalen Maßnahmen
Ein noch deutlicherer Zusammenhang zwischen den IFRS und dem Steuerrecht wird durch das vor kurzem in Österreich in Kraft getretene Mindestbesteuerungsgesetz (MinBestG), das im Pillar 2 bzw GloBE (Global Anti-Base Erosion) Projekt der OECD und der entsprechenden EU-Richtlinie seinen Ursprung findet, hergestellt. Durch das MinBestG soll gewährleistet werden, dass die Gewinne von großen Unternehmensgruppen einer globalen effektiven Mindestbesteuerung von 15% unterliegen, wobei es in mehreren Punkten an die Konzernrechnungslegung anknüpft. So stellt beispielsweise der Ausgangspunkt für die Ermittlungen grundsätzlich der Jahresüberschuss- oder -fehlbetrag des Geschäftsjahres, der unter Anwendung des bei der Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft verwendeten Rechnungslegungsstandards und damit wohl üblicherweise die IFRS, dar. Im Ergebnis wird auch durch diese Maßnahme der IFRS-Bilanzierung eine gewisse steuerliche Einflussmöglichkeit (umgekehrte Maßgeblichkeit der Konzernbesteuerung für den Konzernabschluss) zugesprochen.
Trotz der Kritik am Anknüpfen der steuerlichen Bemessungsgrundlage am Ergebnis der externen Rechnungslegung, da es dadurch zu einer Einschränkung der Informationsfunktion des Konzernabschlusses kommen kann, wird das Abstellen auf Konzernabschlüsse und damit das Abstellen auf die IFRS zukünftig noch weiter zunehmen. So greifen beispielsweise auch die Arbeiten der OECD am Pillar 1 Projekt zur Neuverteilung von Besteuerungsrechten im Lichte neuer (digitaler) Geschäftsmodelle sowie der BEFIT-Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zu einer einheitlichen steuerlichen Gewinnermittlung für den EU-Binnenmarkt auf Zahlen des Konzernabschlusses zurück.
StB Mag. Gerald Kerbl ist Spezialist für Immobilienbesteuerung, Immobilienfondsbesteuerung und M&A-Transaktionen.Weiters hat er sich auf Due Diligence-Prüfungen, Konzernbesteuerung und Umstrukturierung spezialisiert.
StB Sarah Krammer, MSc ist Senior Managerin bei der TPA Group. Sie ist Expertin für IFRS und Konzernrechnungslegung sowie ESG.
Beim Real Estate Circle am 16. / 17. Mai sind Gerald Kerbl und Sarah Krammer Gastgeber eines Workshops zum Thema: „IFRS – Benefit oder Notwendigkeit für zukunftsorientierte Unternehmen?“