AML-Compliance in global aufgestellten Banken – Interview mit Dr. Bettina Hörtner
Business Circle: Liebe Frau Dr. Hörtner, Sie kennen das Finanzmarktaufsichtsrecht aus fast allen Blickwinkeln – (eigene) Kanzlei, Bank, Wirtschaftsprüfung. Was reizt Sie bis heute an der Arbeit mit komplexen, internationalen Regelwerken?
Bettina Hörtner: Was mich besonders an meiner Arbeit reizt, ist die Vielseitigkeit. Die Arbeit verbindet wirtschaftliche Zusammenhänge mit juristischer Präzision und das fordert nicht nur rechtliche Expertise, sondern auch strategisches Feingefühl und den Blick für die Praxis. Es begeistert mich, meine Erfahrungen aus den verschiedensten Blickwinkeln in meine Arbeit einzubringen und damit auch bei komplexen Regelwerken die beste und vor allem auch eine praktikable Lösung für meine Mandanten zu finden.
BC: Deutschland, Österreich, Schweiz – drei Länder mit starken Banken und völlig unterschiedlichen Herangehensweisen. Wie wirken sich diese Unterschiede konkret auf grenzüberschreitende Compliance-Prozesse aus?
Hörtner: Grundsätzlich folgen diese Länder, insbesondere Österreich und Deutschland, in diesem Bereich europäischen Regelwerken. Diese entfalten jedoch in jedem Land andere Wirkungen – je nach Rechtskultur, wirtschaftlichem Umfeld und Aufsichtspraxis. Gerade das macht die grenzüberschreitende Arbeit oft so anspruchsvoll. Die Herausforderung besteht darin, diese Unterschiede zu verstehen und für den Mandanten in eine klare, umsetzbare Strategie zu übersetzen. Dafür muss man jedes Thema sorgfältig prüfen und schauen, wo der größte Anknüpfungspunkt ist und wie man die unterschiedliche Herangehensweise der 3 Länder optimal im Interesse des Mandanten berücksichtigt.
BC: Welche Herausforderungen bringt die Gruppensteuerung speziell im Hinblick auf AML-Compliance mit sich?
Hörtner: Gruppensteuerung kann oftmals einen Balanceakt zwischen zentraler Steuerung und lokaler Anpassung darstellen. Die Aufsichtsbehörden erwarten ein einheitliches, robustes AML-Gruppen-Framework. Gleichzeitig verlangen nationale Vorschriften oft ganz konkrete Umsetzungen: Meldewege, Schwellenwerte, technische Schnittstellen, etc. Eine einheitliche Gruppenvorgabe ist daher nur der Anfang. Sie muss in jedem Land umgesetzt werden und diese Umsetzung muss auch überprüft werden (können).
Ein weiterer Aspekt ist die Datenverfügbarkeit: Die gruppenweite Transparenz über Transaktionen und Kundenbeziehungen ist eine regulatorische Pflicht – steht aber oft im Spannungsfeld mit Datenschutz- oder Bankgeheimnisregelungen in einzelnen Ländern. Für Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, bedeutet das, dass sie ihre Compliance-Prozesse nicht nur lokal anpassen, sondern auch strategisch koordinieren müssen. Es braucht daher einen gemeinsamen Grundstandard auf Gruppenebene und länderspezifischen Ergänzungen, die sich eng an die jeweilige Aufsichtspraxis anlehnen. Gerade in der letzten Zeit prüft die Aufsichtsbehörde zunehmend, ob in der Gruppensteuerung nicht nur formale Vorgaben bestehen, sondern der Gruppenansatz auch tatsächlich überprüft und gelebt wird.
BC: Wie erleben Sie die Rolle der Kommunikation mit den Aufsichts-Behörden – gibt es Unterschiede in Ton und Taktik zwischen Österreich und Deutschland?
Hörtner: Ich habe den Eindruck, dass die Kommunikation mit den Aufsichtsbehörden in Österreich tendenziell formeller und auch etwas distanzierter als etwa mit der BaFin in Deutschland ist. In Österreich läuft die Kommunikation mit der Behörde eher in starren verfahrensrechtlichen Vorgaben. Es wird in Österreich sehr viel schriftlich mit der Behörde kommuniziert, auch in frühen Verfahrensstadien. Persönliche Gespräche sind seltener. Von deutschen Kollegen höre ich, dass es hier oftmals auch einen Austausch ohne starres Verfahren gibt.
BC: Wie schaut es mit dem Nachwuchs aus? Wie ist in Ihren Augen die universitäre Ausbildung in Österreich aufgestellt, wenn es um internationale Banken-Compliance geht? Was wäre zu wünschen?
Hörtner: Soweit ich weiß, gibt es in Österreich an der Uni kaum Berührungspunkte mit dem Bereich Banken-Compliance. Es werden wahlweise zwar Kurse angeboten, die auch diese Themen behandeln, aber ohne eigenes bestehendes Interesse kommt man damit kaum in Berührung. Erste Berührungspunkte sammeln die meisten eher erst in der Praxis und setzen dann auf gezielte Fortbildungen. Hier besteht dann inzwischen schon ein breites Angebot. Ich würde dem Nachwuchs auf jeden Fall raten dranzubleiben. Es ist ein Bereich, der sich sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht ständig weiterentwickelt, was spannend ist. Auch wenn es am Anfang für viele vielleicht etwas trocken wirkt, ist es gerade im Aufsichtsrecht wichtig, nicht nur zu beraten, sondern auch einmal bei Gold Plating Ansätzen dagegenzuhalten. Gerade das macht die Arbeit auch so spannend.
Kein noch so perfektes Kontrollsystem schützt vor Fehlverhalten
BC: Regulatorik ist das eine – menschliches Verhalten das andere. Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Integration verhaltenspsychologischer und kommunikativer Komponenten in moderne Compliance-Programme?
Hörtner: Gerade in Bereichen wie Geldwäsche spielen diese Komponenten meiner Meinung nach eine besonders wichtige Rolle und dies wird zum Teil immer noch unterschätzt. Kein noch so perfektes Kontrollsystem schützt vor Fehlverhalten, wenn nicht verstanden wird, warum Menschen handeln, wie sie handeln. Compliance Mitarbeiter müssen über persönliche Zuverlässigkeit und Genauigkeit verfügen. Außerdem ist es wichtig, dass Vorgaben auch denen, die nicht unmittelbar fachspezifisch damit befasst sind, verständlich kommuniziert werden können. Ich rate meinen Mandanten oft, genau da anzusetzen: Wie kommuniziere ich Risiken intern? Wie trainiere ich Mitarbeiter und Führungskräfte, damit sie nicht nur die Policy kennen, sondern auch die richtige Haltung vermitteln?
BC: Abschließend: Wir gehen ja jetzt schon ein gutes Stück gemeinsamen Weges, Danke dafür! Worauf freuen Sie sich bei der Premiere der „Compliance now! In Deutschland besonders?
Hörtner: Ich freue mich sehr darauf, dass sich die "Compliance Now!"- Community nun erweitert und ich auch noch mehr Einblick in die deutsche Community und Praxis bekomme.
BC: Liebe Frau Dr. Hörtner, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch und freuen uns, Sie bald wieder bei uns zu begrüßen!