Unlearning Hierarchy: Im Gespräch mit Bestsellerautor Daniel Vonier
Daniel Vonier ist Gründer und Geschäftsführer von VONIER ADVISORY, und Autor des Bestsellers "Unlearning Hierarchy". Im Interview sprechen wir über aktuelle Trends wie KI und Home-Office und welche Herausforderungen diese für die Personal- und Organisationsentwickung mit sich bringen.
Business Circle: Sehr geehrter Herr Vonier, Ihr Buch Unlearning Hierarchy war ja ein großer Erfolg, Glückwunsch dazu! Was hat Sie bewogen, das zu schreiben?
Daniel Vonier: Herzlichen Dank! Ja es freut mich tatsächlich sehr, dass das Buch eine äußerst positive Resonanz erzeugt und auch, dass es in zahlreichen Organisationen zu Veränderungsimpulsen
geführt hat.
Zu meinen Beweggründen: zum einen bedeutet schreiben, ja auch oft verarbeiten und so war auch für mich das Verfassen des Buches eng verbunden mit einer tiefen Reflexion über meine über 15 Jahre persönliche Arbeits- und Führungserfahrung in globalen Großkonzernen und eine schonungslose Auseinandersetzung mit der Frage, warum Veränderung und Transformation in Bezug auf Leadership und Kultur nur selten wirklich gut funktioniert. Zum anderen wollte ich Menschen, die in Organisationen an Transformationshebeln sitzen, die etwas verändern und zum Besseren bewegen möchten inspirieren, Mut und auch eine inhaltliche Begleitung geben für ihre Vorhaben und Rollen. Der Markt ist überschwemmt mit Ratgebern à la „die 10 Erfolgsfaktoren für… Leadership, Agile Organisationen, New Work Best Practices…“ etc. – ich möchte aber mit diesem Buch unter die Oberfläche von agilen Methoden und neuen Organisationsmodellen gehen und erläutern, warum es mehr braucht als die schnelle Symptombehandlung, wenn wir uns wirklich zukunftsfähig aufstellen wollen.
BC: Worin besteht für Sie der Unterscheid zwischen Real Work und New Work?
Vonier: Zugegebenermaßen spiele ich mit dieser Provokation ein wenig. Ich möchte aber damit zum Ausdruck bringen, dass die letzten Jahre viel Hype um Begrifflichkeiten wie „New Work“ gemacht wurde, ohne ein klares Verständnis zu haben, was damit wirklich gemeint ist und für welches Problem, New Work eigentlich die Lösung sein sollte. Real Work hingegen meint, dass wir uns wieder zurückbesinnen sollten auf die elementare Fragestellung, was es tatsächlich in Organisationen heute benötigt, um ergebnisorientiert, produktiv und sinnhaft zusammenarbeiten zu können und um Führung gegenwarts- und zukunftsfähig zu machen.
KI wird die Art wie wir arbeiten massiv verändern
BC: Mehr als ein Buzzword ist der Einsatz KI-gestützter Systeme, an dessen Anfang wir jetzt erst stehen. Welche neuen Fähigkeiten braucht die Workforce von morgen?
Vonier: Zunächst mal sollten wir anerkennen, dass KI die Art wie wir arbeiten, definitiv verändern, wahrscheinlich sogar massiv verändern wird. Es ist wichtig, dass Führungskräfte gemeinsam mit ihren Teams sich anschauen, welchen Einfluss KI auf ihre Rollen und ihre Arbeit hat und sich eingängig mit dieser neuen Technologie auseinandersetzen. Schon heute können Chat-GPT und co. einen signifikanten Produktivitätsschub in vielen Rollen und bei etlichen Tätigkeiten bedeuten. Wir sollten in Organisation also sicherstellen, dass eine gewisse „Tech savyness“ bei den Mitarbeitenden vorhanden ist. Gleichzeitig müssen wir uns die Frage stellen, wie (heute noch) ureigene Human Skills – wie Empathie, kreatives und konzeptionelles Arbeiten, gestärkt und ausgebaut werden können, weil diese mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft nicht direkt durch KI ersetzt werden können.
BC: Ein anderer Trend seit 2020 ist, dass es vermehrt Arbeitszeitmodelle mit flexibler Arbeit und Homeoffice gibt. Ist das im Sinne vom Weiterentwickeln der Organisation durchweg positiv zu bewerten oder wo liegen etwaige Nachteile?
Vonier: Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice haben zweifellos viele Vorteile für die Weiterentwicklung von Organisationen, darunter erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität sowie eine bessere Work-Life-Balance. Allerdings gibt es auch Nachteile, wie potenzielle Herausforderungen bei der Teamkommunikation, dem Zusammenhalt und der Unternehmenskultur. Zudem kann die fehlende physische Präsenz zu einer verminderten Innovationskraft führen, da spontane Ideen und Kollaborationen seltener stattfinden. Es ist entscheidend, dass jede Organisation einen für sich passenden Ansatz entwickelt, um diese Nachteile zu minimieren und die Vorteile optimal zu nutzen. Die Suche nach einer Blaupause halte ich nicht für zielführend.
BC: Was macht ein agiles Mindset in Ihren Augen eigentlich aus? Sind es Sneakers zum Anzug, Home-Office, so viel man will und eine Beteiligung am Unternehmenserfolg oder ist da noch mehr?
Vonier: Ein agiles Mindset hat sehr wenig mit Kulturartefakten wie Sneakers oder einer Tischtennisplatte im Büro zu tun. Auch Home-Office ist per se kein Ausdruck eines agiles Mindsets. Wenn wir damit meinen, dass Organisationen, Teams und Mitarbeitende in der Lage und bereit sind, sich den dynamisch verändernden Kontextfaktoren anzupassen und sich flexibel den Anforderungen des Marktes zu stellen, dann kommen wir der Sache schon näher. Dann muss sich aber auch der Fokus von diesen oberflächlichen Aktionen lösen und sich hin zu einer Arbeit im Inneren bewegen. Das bedeutet Menschen und Teams dabei zu unterstützen, wie sie Halt, Klarheit und Ausrichtung in unserer komplexitäts- und ambiguitätsgeladenen (Arbeits-) Welt erhalten und welche Rolle Führung dabei spielt.
Das sind dann keine „Quickwins“ wie der Kauf von höhenverstellbaren Schreibtischen (auch wenn diese ergonomisch extrem sinnvoll sind 😉) sondern benötigen eine tiefergehende Arbeit an der Psychodynamik und Teamdynamik – wobei hier die Unterstützung von uns PEler & OEler tatsächlich sehr sinnvoll wird. Intern sind oft die notwendigen Kompetenzen und Kapazitäten nicht vorhanden um solche Prozess professionell und produktiv zu gestalten und begleiten.
BC: Sie werden Herbst zum ersten Male bei uns vortragen. Worauf freuen Sie sich am meisten und warum ist es für Sie wichtig, dass sich Organisationsentwickler und Personalentwickler auch „in real life“ miteinander vernetzen?
Vonier: Ich freue mich am meisten auf die Interaktionen mit den alle OElern und PElern vor Ort, weil wir uns in diesen Bereichen recht offen austauschen können, was die jeweiligen Menschen gerade
beschäftigt und man enorm voneinander lernen kann. Experten und Vordenker, die in Organisationen diese Rollen innehaben und sich mit der Transformation ihrer Kultur und Workforce auseinandersetzen, nehmen einen immer höheren Stellenwert ein und werden m.E. auch in Zukunft sehr verantwortungsvolle Rollen tragen. Sich gegenseitig zu vernetzen, sich zu unterstützen, erachte ich als sehr wertstiftend – noch schöner, dass dies Face-to-Face in 4D geschehen darf.
BC: Sehr geehrter Herr Vonier, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie zur PEp zu begrüßen!
Daniel Vonier ist Gründer und Geschäftsführer von VONIER ADVISORY GmbH, Führungsgestalter und Organisationsentwickler. Als Vordenker im People & Organisation Bereich beschäftigt sich Daniel Vonier seit Jahren mit der Frage, wie Führung, Zusammenarbeit und Organisationen gestaltet werden können, um den Anforderungen unserer dynamischen und komplexen Zeit gerecht zu werden. Als unabhängiger "Führungs-Gestalter" und Organisationsentwickler begleitet er Leader, Teams und Unternehmen bei Transformationen. Seine langjährige Führungserfahrung in globalen Konzernen und Projekterfahrungen in KMUs, Tech-Start-ups und Scale-ups bieten seinen Kunden nicht nur Expertise, sondern auch Impulse für Veränderungsmut und neues Denken. Bei der PEp am 30. September / 1. Oktober 2024 hält er die Keynote unter dem Titel „Unlearning Hierachy" und wird live näher auf die Herausforderungen der Personalentwickung eingehen.