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Circular Economy Exchange 4.0

Österreich hat mit dem Reparatur-Bonus eine Vorreiter-Position: Interview mit Markus Piringer, DIE UMWELTBERATUNG

Markus Piringer arbeitet zum Themenschwerpunkt Reparatur bei DIE UMWELTBERATUNG und koordiniert das Reparaturnetzwerk Wien. Wir sprechen darüber, warum es sinnvoll ist, zu reparieren anstatt wegzuwerfen und was Hersteller und Politik dazu beitragen können.

Business Circle: Sehr geehrter Herr Piringer, Sie sind im Team der Umweltberatung für Kreislaufwirtschaft & Abfallmanagement zuständig, können Sie uns kurz Ihren Weg beschreiben, der Sie dorthin geführt hat?
Markus Piringer: Ich habe in den 1990er-Jahren Chemie an der TU Wien studiert und schon während dieser Zeit das Thema Umweltschutz und Ressourcenschonung für mich entdeckt. Dann bin ich über mehrere berufliche Stationen, z.B. GLOBAL 2000 oder das Demontage- und Recycling-Zentrum Wien zu DIE UMWELTBERATUNG gekommen, wo ich seit 2012 arbeite.

BC: Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf (oder Ihrer Berufung?)
Piringer: Ich schätze es sehr, dass meine Arbeit Sinn macht und zur Lösung aktueller Probleme beiträgt. Konkret am Thema Reparatur finde ich großartig, dass die Vorteile so klar auf dem Tisch liegen: im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz, aber auch für die regionale Wirtschaft und für mehr Unabhängigkeit von Lieferketten. Europa hat kaum eigene Rohstoffe. Eine europäische Wirtschaft muss zirkulär werden, wenn sie im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben will. Da kann eigentlich niemand dagegen sein!

BC: In Ihrer Studie untersuchen Sie den möglichen Impact von Reparaturen für die Kreislaufwirtschaft. Wie würden Sie die wichtigsten Erkenntnisse der Studie in drei Sätzen zusammenfassen?
Piringer: Das Funktionieren unterschiedlicher Reparatur-Märkte (z.B. während oder nach der Gewährleistung, Refurbishment, Eigenreparatur, etc.) wird von unterschiedlichen Rahmenfaktoren geprägt. Wichtig in diesem Zusammenhang sind z.B. die Reparierbarkeit von Geräten, das Preisverhältnis zwischen Neugerät und Reparatur, aber auch „weiche“ Faktoren wie Convenience oder Vertrauen. Um einen Wandel in Richtung Reparatur-Ökonomie zu bewerkstelligen, muss man daher an verschiedenen Schrauben gleichzeitig drehen. Einzelaktionen laufen Gefahr, zu verpuffen.

Wichtig wäre offener Zugang zu Ersatzteilen und Software

BC: Was würden Sie sich von den Herstellern der Primärgeräte – insbesondere im elektronischen Bereich - wünschen, um eine bessere Reparierbarkeit zu ermöglichen?
Piringer: Die Hersteller müssen die Voraussetzungen für einen freien, funktionierenden Reparatur-Markt schaffen. Das beinhaltet technische Aspekte, wie die Reparierbarkeit der Geräte, eine verstärkte Standardisierung von Bauteilen, aber auch organisatorische Aspekte wie ein möglichst offener Zugang zu Reparatur-Informationen, Ersatzteilen und – das wird immer wichtiger – Software. Und auch die Preise der Ersatzeile sind ein wesentlicher Faktor.

BC: Daran anschließend: Welche Maßnahmen sollten von der Politik hier in Österreich angegangen bzw. umgesetzt werden?
Piringer: Mit dem Reparaturbonus hat Österreich international eine Vorreiter-Position in Sachen Reparatur eingenommen. Ich habe Anfragen bis nach Australien, wo sie wissen wollen, wie das bei uns funktioniert. Und die Förderung zeigt Wirkung, die Umsätze in den Reparaturbetrieben sind merklich gestiegen. Wichtig ist nun die längerfristige Perspektive: was passiert, wenn der aktuelle Fördertopf ausgeschöpft ist? Reparaturbetriebe brauchen eine längerfristige Planungssicherheit.

BC: Abschließend: Sie werden zum ersten Mal beim Kreislaufwirtschaftstag dabei sein, was möchten Sie Ihrem Publikum mitgeben, welcher Impuls sollte von Ihrem Workshop ausgehen?
Piringer: Ich bin schon sehr gespannt auf die Teilnehmer:innen und ihre Fragen. Ich habe keine Patentrezepte. Aber vielleicht eine Sache, die ich jedenfalls mitgeben möchte: Die Voraussetzungen für Reparatur lege ich bei der Beschaffung.

BC: Lieber Herr Piringer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns auf Ihren Input beim Circular Economy Exchange.

blog piringer 200

Mag. (FH) DI Markus Piringer arbeitet seit 2019 zum Themenschwerpunkt Reparatur bei DIE UMWELTBERATUNG. Dort koordiniert er das Reparaturnetzwerk Wien (mit über 140 Mitgliedsbetrieben) und führt Forschungs- und Bildungsprojekte durch. Beim Circular Economy Exchange 2.0 ist er am 28. November Gastgeber eines Round Table zum Thema „Produkte durch Reparieren möglichst lange im Kreislauf halten“.

Zur Studie „Pro Reparatur“

Fotocredits:

Business Circle
Brigitte Seidl-Brychta / DIE UMWELTBERATUNG
VIENNA DESIGN WEEK / kollektiv Fischka Stefanie

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