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Geldwäsche bekämpfen: Ein Interview mit Bernhard Böhm
Bernhard Böhm ist Head of AML & Financial Sanctions bei der Notartreuhandbank. Wir sprechen über aktuelle regulatorische Entwicklungen in der Geldwäschebekämpfung, und darüber, wie auch Nicht-Banken in den Bereich des Anti Money Laundering fallen.
Business Circle: Sehr geehrter Herr Böhm, Sie sind Leiter der Geldwäscherei-, Terrorismusfinanzierungs und Finanzsanktionsprävention der Notartreuhandbank AG und waren davor als Leiter der Vor-Ort-Prüfungen Abteilung Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung bei der FMA, können Sie uns skizzieren, wie Sie Ihr Weg dorthin geführt hat?
Bernhard Böhm: Bereits während meines Studiums habe ich mein Interesse im Bereich Betrugsbekämpfung entdeckt. Der Weg zur FMA und in die Geldwäscheprävention war dann eine glückliche Fügung und hat mir die Möglichkeit eröffnet, das Wissen in diesem Bereich enorm auszubauen und weiterzuentwickeln. Dass eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft auch gänzlich neue Fragestellungen und Herausforderungen in diesem Feld mit sich bringt, empfinde ich als enorm bereichernd. Das Bild auf das Thema wird für mich somit täglich "runder".
BC: Inwiefern sind Geldwäschebestimmungen auch für Nicht-Banken relevant?
Böhm: Das ist ein Feld, mit welchem ich mich gerade sehr beschäftige und dass extrem spannende Fragestellungen beinhaltet. Wenngleich die entsprechenden EU-rechtlichen Grundlagen für Verpflichtete des Finanzsektors und des Nicht-Finanzsektors deckungsgleich sind, ergeben sich insbesondere in Österreich durch die Umsetzung in den sog. Materiengesetzen geringfügige Abweichungen in der Formulierung, die durchaus spannende Konstellationen in der täglichen Zusammenarbeit nach sich ziehen können. In diesem Zusammenhang begrüße ich die kommende Regelung in Form einer direkt anwendbaren EU-Verordnung, welche sowohl international in den Mitgliedstaaten der EU, als auch in Österreich zwischen den Verpflichteten des Finanz- sowie des Nichtfinanzsektors eine entsprechende Harmonisierung bringen wird.
BC: Ab wann gilt eine Person eigentlich als „politisch exponiert“?
Böhm: Wenn eine Person öffentliche Ämter ausübt - diese Gruppe gilt für die Zwecke der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung als besonders risikogeneigt. Nachdem die regulatorischen Vorgaben in diesem Bereich in der Praxis mitunter einige Fragestellungen aufwerfen können, ist hier oftmals eine Einzelfallprüfung erforderlich. Dazu kommen oftmals noch Probleme betreffend die Datenqualität der in der Praxis gängigen Listen. Ich hoffe hier stark auf Verbesserungen und Klarstellungen im Rahmen des gerade in Finalisierung befindlichen AML-Pakets der Europäischen Union.
BC: § 9a Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes definiert Transaktionen mit Bezug zu Drittländern mit hohem Risiko. Was sind die wichtigsten Punkte, die jeder Compliance / AML-Officer einer Bank in Österreich immer im Hinterkopf haben sollte?
Böhm: Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu Bedenken, dass der "Bezug" zu Hochrisikoländern sehr weit zu sehen ist und entsprechend sämtliche geographische (Stamm-)Daten zu analysieren. Ein entsprechender Prozess um Änderungen auf der delVO-Liste der EU der Hochrisikoländer entsprechend zu überwachen und umzusetzen, ist dafür unerlässlich. Darüber hinaus ist dabei zu bedenken, dass § 9a grds keine Risikoorientierung normiert, das heißt, dass sämtliche Bezugspunkte zu Hochrisikoländer als Fälle verstärkter Sorgfaltspflichten gelten und entsprechende Handlungen nach sich ziehen müssen. Das Rundschreiben der FMA gibt zu den Anforderungen der Aufsicht hinsichtlich der zu setzenden Maßnahmen entsprechend Aufschluss.
BC: Welche Rolle spielen und spielten Kryptowährungen in Ihrer AML-Praxis?
Böhm: Insbesondere im Rahmen meiner Tätigkeit der FMA waren Kryptowährungen und entsprechende Dienstleister ("Virtual Asset Service Provider") ein großer Teil unserer Aufsichtstätigkeit. Die Risiken in Zusammenhang mit Kryptowährungen sind breit gestreut und werden regelmäßig von den entsprechenden Stellen aufgezeigt. In meiner jetzigen Tätigkeit spielen Kryptowährungen naturgemäß eine weniger prominente Rolle. Nichtsdestotrotz habe ich auch hier fallweise sehr spannende Berührungspunkte.
Die Bewältigung regulatorischer Anforderungen ist ohne KI nicht abbildbar
BC: Welchen Beitrag können KI-gestützte Tools leisten, um das AML-Risikomanagement zu optimieren? Was erwarten Sie da für die nahe Zukunft.
Böhm: Weiterentwicklungen im KI-Bereich werden im Zentrum der Entwicklungen jedes Veränderungsprozesses bei Verpflichteten stehen. Die Bewältigung regulatorischer Anforderungen ist ohne Sie schlicht nicht abbildbar. Als bereits schon in Anwendung befindlichen Use-Case ist hier die initiale (Vor-)Analyse von "Treffern" in den Überwachungssystemen von Verpflichteten, mitunter auch "Alert-Triage" zu nennen. Es ergeben sich dadurch allerdings noch viel mehr Möglichkeiten zur Berücksichtung der vorhandenen Daten, um die Systeme noch "feiner" und passgenauer zu machen. Aber auch im Rahmen der Plausibilisierung und Analyse großer Datenmengen, bieten sich durch KI-Anwendungen (bei allen Schwierigkeiten des Datenschutzrechtes) enorme Möglichkeiten.
BC: Sie begleiten den AML-Lehrgang nun schon lange und haben auch Compliance now 2023 teilgenommen, möchten Sie uns kurz Ihren Eindruck von der Konferenz schildern?
Böhm: Ich habe die Compliance Now als absolut hochkarätige Veranstaltung in Erinnerung, sowohl im Hinblick auf die Organisation, als auch die fachliche Qualifikation der Vortragenden und Teilnehmerinnen. Was das Format für mich besonders auszeichnet ist insb. die Möglichkeit zur Vernetzung auch im Rahmen der Abendgestaltung vor und zwischen den Seminartagen.
Business Circle: Lieber Herr Böhm, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und Ihren Beitrag zum AML & Sanctions Officer-Lehrgang! Wir freuen uns auf die nächste Durchführung!
Bernhard Böhm, BSc, MA zeichnet seit 2024 als Head of AML & Financial Sanctions der Notartreuhandbank AG verantwortlich. Zuvor war er seit 2014 in der FMA zuletzt als Leiter des Teams Vor-Ort-Prüfer in der Abteilung "Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung". Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren dabei u.a. die Themenbereiche IT-Systeme und -Prozesse sowie Digitalisierung. Im Rahmen des Lehrgangs zum zertifizierten AML & Sanctions Officer gestaltet er die Module zu Aktuellen regulatorischen Entwicklungen, Europäische Rechtsentwicklung, FM-GwG und WiEReG