Führen der GenZ im juristischen Arbeitsumfeld - Marguerita Sedrati-Müller im Interview
Mag. Marguerita Sedrati-Müller ist Trainerin und Rechtsanwältin. Sie ist spezialisiert auf Führungskompetenzen für die GenZ. Im Interview sprechen wir darüber, wie Anwaltskanzleien Purpose vermitteln können, wie man unangenehme Botschaft klar kommuniziert und über das zukünftige Berufsbild von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten
Business Circle: Sehr geehrte Frau Mag. Sedrati-Müller, Sie sind Leadership-Trainerin und Rechtsanwältin, eine außergewöhnliche Kombination, wie kam es genau dazu, dass Sie jetzt das tun, was Sie tun?
Marguerita Sedrati-Müller: Ich habe mich schon sehr früh für Leadership, HR-Themen und die Aus- und Weiterbildung von Menschen interessiert. In meiner alten Kanzlei war ich 5 Jahre HR -Partnerin und habe damals wertvolle Erfahrungen iZm Führungsaufgaben sammeln können. Zudem bin ich als Counsel ebenfalls Führungskraft, also muss ich Leadership auch tatsächlich beherrschen. Die Berufe Leadership-Trainerin und Rechtsanwältin lassen sich zudem sehr gut miteinander kombinieren, weil man für beide Tätigkeiten gemeinsame Eigenschaften benötigt. Eine Führungsrolle zu übernehmen ist oft eine Herausforderung: sie bedeutet nicht nur, schnelle – und manchmal auch unangenehme – Entscheidungen treffen zu können, was Anwält:Innen oft in Vertretung der Mandanten auch tun müssen, sondern auch Verständnis für den Umgang mit Menschen zu haben, Empathie zu haben, Konfliktverhalten zu beherrschen und Vertrauen aufbauen zu können. Das sind alles Eigenschaften, die ich auch als Rechtsanwältin haben sollte. Viele davon habe ich vor allem dank meiner Mediationsausbildung und selbstverständlich auch als Ausbildungsanwältin trainieren können. Mit der Ausbildung zur Leadership-Trainerin habe ich mir dann noch einen kleinen Traum erfüllt, um alle meine Fähigkeiten noch besser einsetzen und weitergeben zu können.
BC: Im War for Talents und im entsprechenden Employer Branding wird Sinnstiftung (Purpose) als entscheidender Faktor angesehen– wie gelingt das für Anwaltskanzleien?
Sedrati-Müller: Es ist meiner Meinung nach schade, dass Anwaltskanzleien Purpose nicht schon viel intensiver und viel früher in den Vordergrund gestellt haben, denn der Beruf des Rechtsanwalts bringt viel Sinnstiftung mit sich. Es fängt im Kleinen an: ein Mensch hat ein juristisches Problem und ich kann ihm/ihr dabei helfen, es zu lösen. Im Größeren gedacht können wir als Anwaltskanzlei Unternehmen bei neuen Ideen und deren Umsetzung unterstützen, Wesentliches zur Wirtschaft beitragen, zu Innovationen, etc. Die Liste der Dinge, bei denen wir rechtlich – und manchmal auch emotional – unterstützen können, ist unendlich. Als Anwaltskanzlei kann ich mir die Mandate, die ich betreue, ansehen und mich fragen: warum mache ich sie und für wen hat das Mandat welchen Sinn, welche Auswirkung? Wenn man sich diese Frage nach dem Sinn einmal stellt, kann Überraschendes herauskommen. Wenn die Mandate auch noch meine Motivation, warum ich eigentlich Anwalt/Anwältin geworden bin, widerspiegeln, bin ich schon mitten drin in der Sinnstiftung und kann das den Talents von morgen auch glaubhaft mitgeben.
BC: Die Gen Z legt mehr Wert auf Wertschätzung und Lob, worauf ist besonders zu achten, wenn unangenehme Tatschen zu kommunizieren sind?
Sedrati-Müller: Wir haben meiner Meinung nach verlernt, Unangenehmes klar und direkt zu kommunizieren. Stattdessen denken wir zu viel über (eigene) Befindlichkeiten nach, eiern rum, sagen gar nichts oder nichts Konkretes, warten zu lange mit Feedback oder sind in unserer Ausdrucksweise destruktiv. Häufig unterliegen Führungskräfte dem Irrglauben, dass es besser ist, so lange wie möglich nichts Unangenehmes zu sagen, um den Frieden zu bewahren. Wie Simon Sinek es so schön gesagt hat: wir müssen die menschliche Fähigkeit wieder lernen, schwierige Konversationen zu führen. Tatsächlich ist es ein Zeichen von Wertschätzung, wenn ich meinem Gegenüber konstruktiv kritisches Feedback gebe, damit mein Gegenüber sich verbessern kann. Das ist nur den wenigsten wirklich bewusst. Deshalb muss ich es als Führungskraft trainieren und beherrschen, Feedback zu geben, selbst Feedback anzunehmen und eine entsprechende Feedback-Kultur mit meinem Team zu etablieren. Wenn mir das gelingt, kann ich sowohl die positiven als auch die unangenehmsten Dinge kommunizieren.
"Be more human". Die Resultate werden folgen.
BC: An Führungskräfte werden scheinbar paradoxe Anforderungen gestellt, einerseits Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit wertschätzen, andererseits aber auch die Richtlinienkompetenz wahren und strong leadership zeigen und natürlich das Backup bieten, falls mal etwas schiefgeht. Wie geht man als Führungskraft damit am besten um?
Sedrati-Müller: Diese Frage lässt sich am besten mit den Worten von Caspar Craven beantworten: "Be more human". Menschen Folgen Menschen, deshalb ist es essentiell, sich als Führungskraft vor Augen zu halten, was Menschen wirklich brauchen und sich zu trauen, Mensch zu sein und den Menschen an erster Stelle zu stellen. Die Resultate werden folgen.
BC: Daran anschließend und um den Spieß umzudrehen: Gerade im juristischen Arbeiten ist ja essentiell, eigene Gefühle und Sympathien bzw. Antipathien außen vor zu lassen. Jetzt kommt eine Nachwuchsgeneration, die aber auf ein emotionales Führungsklima Wert legt. Welche Empfehlung geben Sie diesbezüglich für die Generation Z?
Sedrati-Müller: Nur weil ich als Rechtsanwältin meine eigenen Emotionen (nicht immer!) außen vor lassen muss bzw sie mir nicht anmerken lassen darf, um meine Mandanten bestmöglich zu vertreten, heißt das nicht, dass ich nicht für ein emotionales Führungsklima sorgen kann und Emotionen habe. Ich muss mir nur der Rolle, die ich gerade einnehme, und der dazugehörigen Eigenschaften bewusst sein. Dh in meinem Fall zB die Rollen Rechtsanwältin, Führungskraft, Mediatorin, Leadership-Trainerin. Jede Rolle verlangt von mir anderes Verhalten und ich kann Rollenbewusstheit und zugehöriges Verhalten trainieren. Zudem denke ich, dass wir als Stand der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen unser Berufsbild verbessern müssen, um für die jüngeren Generationen attraktiv zu bleiben.
BC: Welchen Tipp würden Sie einem jungen Menschen geben, der sich gerade auf den Abschluss seines Jus-Studiums vorbereitet?
Sedrati-Müller: Studiere und trainiere soft skills! Arbeite daran, den Umgang mit Menschen zu professionalisieren, vor Leuten zu sprechen und Konfliktverhalten zu verstehen.
BC: Welcher Impuls soll von Ihrem Vortrag ausgehen, was möchten Sie Ihrem Publikum mitgeben?
Sedrati-Müller: Freude und Begeisterung an Leadership sowie die Bewusstheit, was es tatsächlich braucht, um eine gute Führungskraft zu sein.
BC: Sie sind das erste Mal bei uns. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Sedrati-Müller: Auf den Austausch mit der jüngeren Generation, um zu hören, was sie wirklich beschäftigt und welche Ideen sie haben, um das Miteinander erfolgreicher und auch nachhaltiger zu gestalten.
BC: Liebe Frau Sedrati-Müller, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns schon, Sie in Rust zu begrüßen!
Mag. Marguerita Sedrati-Müller ist Trainerin und Rechtsanwältin. Sie fokussiert sich auf Führungskräfte Trainings bei Unternehmen und ist unter anderem für die sekoerber GmbH tätig. Am 11. Oktober 2023 ist sie im Rahmen der RuSt NEXTGen Gastgeberin eines Workshops zum Thema „Führen von GenZ leicht gemacht. Von 0 auf 100 - Führungskompetenzen Basics für die GenZ“.