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Die KI-Kluft: Eine neue Herausforderung für HR

ETC Geschäftsführer Christoph Becker im Gespräch

„HR sollte ein Vorreiter der KI-Revolution werden“, sagt Christoph Becker. Dabei ist KI in Unternehmen zu integrieren eine der größten Herausforderungen für heimische Unternehmen und eine der spannendsten Aufgaben von HR. Der Geschäftsführer des Weiterbildungsunternehmens ETC und Gründer der KI-Schmiede Christoph Becker spricht über die bestehende KI-Kluft und gibt wertvolle Tipps, wie Unternehmen den Anschluss nicht verlieren.

Business Circle: Sehr geehrter Herr Becker, was bitte ist die KI-Kluft und wie kommt man ihr bei?
Christoph Becker: In österreichischen Unternehmen beobachten wir derzeit eine sogenannte KI-Kluft. Großkonzerne profitieren von umfangreichen Ressourcen und spezialisierten Fachkräften, während kleinere und mittelständische Unternehmen (KMUs) oft Schwierigkeiten haben, mitzuhalten. Der Wissensvorsprung der Großen verschärft die Situation zusätzlich. Der Wettbewerb um KI-Experten wird intensiver, und mangelndes Wissen über die Potenziale von KI behindert die Implementierung. Der Schlüssel zur Überwindung dieser Kluft liegt im Upskilling der Mitarbeiter.

BC: Wie wird Künstliche Intelligenz denn nun konkret den HR-Bereich beeinflussen?
Becker: Nun, auch da wird kein Stein am anderen bleiben. Denn KI verändert nicht nur einzelne Aufgaben, sondern definiert ganze Berufsbilder neu. HR-Profis müssen sich zu Architekten des digitalen Wandels entwickeln, um nicht abgehängt zu werden. Ihre Aufgabe ist es, die gesamte Organisation fit für die KI-Ära zu machen.

BC: Das klingt nach einer Mammutaufgabe. Wo sollen Recruiter und HR-Manager da anfangen?
Becker: Der erste Schritt besteht darin, die eigenen KI-Kompetenzen auszubauen. HR-Profis müssen verstehen, was KI leisten kann und wo ihre Grenzen liegen. Nur so können sie beurteilen, welche Prozesse durch KI optimiert werden können und wo der menschliche Faktor weiterhin unverzichtbar ist. In unseren Kursen erleben wir oft den "Aha-Moment" bei den Teilnehmern – plötzlich erkennen sie das enorme Potenzial von KI für ihre tägliche Arbeit.

BC: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wie KI die HR-Arbeit verändert?
Becker: Ein gutes Beispiel ist das Recruiting. Die heutigen Einstellungsverfahren sind oft komplex und zeitaufwändig. Trotz aller Bemühungen gibt es keine Garantie, dass der beste Kandidat ausgewählt wird. Personalverantwortliche verlassen sich häufig auf ihre Erfahrung und subjektive Einschätzung. KI kann den Recruiting-Prozess rationalisieren, die Stellenbesetzung beschleunigen und dabei helfen, individuelle Voreingenommenheit zu minimieren. Das Screening von Lebensläufen, die Vorauswahl von Kandidaten und sogar erste Interviews können von KI übernommen werden, was enorm viel Zeit spart. Wichtig ist jedoch: KI ersetzt den menschlichen Recruiter nicht. Sie schafft Freiraum, damit sich dieser auf die wirklich wichtigen Aspekte konzentrieren kann: persönliche Interaktion, kulturelle Passung und strategische Personalplanung.

BC: Viele Mitarbeiter haben Angst, dass KI ihren Job überflüssig macht. Wie gehen HR-Manager damit um?
Becker: Das ist in der Tat eine große Herausforderung. HR muss hier eine Doppelrolle einnehmen: Einerseits müssen sie den Wandel vorantreiben, andererseits die Ängste der Mitarbeiter ernst nehmen. Mein Rat: Transparenz schaffen und die Vorteile von KI konkret aufzeigen. Wenn Mitarbeiter verstehen, dass KI sie von lästigen Routineaufgaben befreit und ihnen spannendere Aufgaben ermöglicht, wächst die Akzeptanz. Wichtig ist auch, klarzumachen: KI ist ein Werkzeug, das uns unterstützt, keine Konkurrenz.

BC: Welche neuen Chancen ergeben sich denn für HR-Profis durch KI?
Becker: Oh, da gibt es eine ganze Menge! KI kann den Recruiting-Prozess nicht nur schneller, sondern auch individueller für die Bewerbenden und das Unternehmen gestalten. So können Engpässe beseitigt und ein nahtloses, durchgängig positives Erlebnis geschaffen werden. Wir kennen das wahrscheinlich alle: Als Bewerber wartet man oft unnötig lange und bekommt dann nur ein allgemeines Absageschreiben. Mit KI kann man dies deutlich verbessern und schnell personalisierte Antworten während des gesamten Bewerbungsprozesses schicken. Vor allem ermöglicht das qualifiziertes Feedback und stärkt nebenbei die Arbeitgebermarke. Ein weiteres Beispiel ist die Analyse von Daten außerhalb des Lebenslaufs, etwa in sozialen Medien. So kann man Talente abseits von formalen Qualifikationen entdecken und ein umfassenderes Bild der Bewerber gewinnen.

BC: Das klingt ja nach einem Allheilmittel?
Becker: Nein, KI ist kein Allheilmittel, das alle HR-Probleme im Unternehmen löst. Sie muss sorgfältig gemanagt werden, um potenzielle Herausforderungen zu bewältigen, aber die Effizienzpotenziale und Vorteile überwiegen die Schwierigkeiten deutlich. Die tägliche Personalverwaltung umfasst derzeit einen hohen Anteil an manueller Arbeit, die nahezu vollständig an KI delegiert werden kann. So können sich HR-Teams auf höherwertige Tätigkeiten konzentrieren, bei denen menschliche Fähigkeiten wie Empathie gefragt sind. Das kann das Mitarbeitererlebnis insgesamt verbessern.

Nicht der KI-Einsatz ist das Problem, sondern die mangelnde Schulung des Teams

BC: Laut einer aktuellen Befragung der Gig-Job-Plattform Upwork halten Manager KI für ein Wunderwerkzeug für mehr Produktivität, während die Angestellten sich indessen ausgebrannt und überfordert fühlen. Was sagen Sie dazu?
Becker: Die gleiche Studie hat auch den Grund für die Überforderung der Mitarbeitenden aufgezeigt. Nicht der KI-Einsatz ist das Problem, sondern mangelnde Schulungsprogramme in den Unternehmen. Die befragten Führungskräfte zeigten sich zwar optimistisch, dass KI die Produktivität der Mitarbeiter steigern könne. Allerdings haben nur 13 Prozent von ihnen eine konkrete Strategie, wie KI sinnvoll eingesetzt werden soll, damit die erhofften Vorteile eintreten. 47 Prozent der Angestellten, die mit KI arbeiten, gaben an, dass ihnen unklar ist, wie der Einsatz der neuen Technologie konkret ihre Produktivität steigern sollte. Es wirkt ganz so, als ob die Chefs zwar die Erwartung haben, dass KI die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter auf wundersame Art und Weise steigern soll, den konkreten Weg dazu jedoch die wenigsten kennen. Das ist ein Grund, warum wir die KI-Schmiede gegründet haben.

BC: Was ist denn die KI-Schmiede?
Becker: Sie ist eine Lösung für den strategischen Wissensaufbau für alle relevanten Fachbereiche eines Unternehmens. Über die fünf Job-Rollen Management, HR, KI Architekt, KI Admin und KI Developer werden dabei Unternehmen von innen heraus KI-fit. Das erhöht die Bereitschaft der Mitarbeitenden enorm, diesen Change-Prozess erfolgreich zu gestalten. Anhand des Gartner AI Maturity Modells haben wir eine einzigartige KI-Unternehmenslösung entwickelt, die sie in jeder Phase abholt, in der ein Unternehmen gerade steht. Vom gemeinsamen Requirement-Workshop und der Frage, wo kann KI einen Mehrwert fürs Unternehmen schaffen, bis zur KI-Strategie, und der Messung und Adaption der Performance.

BC: Und was sind Ihre Erfahrungen soweit, von Unternehmen, die das machen?
Becker: Wir haben gerade erst damit begonnen, aber der Großteil der Befragten sagt, dass ihre entwickelte KI-Strategie ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen hat, sowohl bei den Entscheidungsträgern, als auch bei den Wissensarbeitern. Aber trotz eines möglichen Wertschöpfungspotenzials für Österreich von 18% nutzen noch immer wenige Unternehmen die Potenziale von KI. Mitarbeitende brennen aus, weil sie nicht ausgebildet werden. Das sollten die österreichischen Unternehmen dringend ändern.

BC: Sehr geehrter Herr Becker, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie im Oktober zur PEp zu begrüßen!

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Christoph Becker ist seit 1995 Trainer in der Erwachsenenbildung. Seit 2014 ist er Geschäftsführer bei ETC, Österreichisch Marktführer bei IT-Trainings.Christoph Becker ist seit 1995 Trainer in der Erwachsenenbildung. Seit 2014 ist er Geschäftsführer bei ETC, Österreichisch Marktführer bei IT-Trainings.Im aspire Education Management-Team, dem größten privaten Bildungsanbieter im DACH Raum, hat er seit 2019 die Querschnittsverantwortung für Learning Services und Cross-Selling. Bei der PEp 2024 präsentiert er am 1. Oktober zusammen mit Evelyn Unger und Ann-Kathrin Cords von Wien Energie eine Fallstudie zum Thema „Fit für die KI? Teams optimal aufstellen und schulen“

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