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ESG in der Bau- und Immobilienwirtschaft

Die ESG-Standards für die Bau- und Immobilienwirtschaft

Von Eva Aschauer und Amalia Takacs, TPA: ESG (Environmental Social Governance) versteht sich im Gegensatz zu CSR (Corporate Social Responsibility) nicht nur als ein umfassendes Konzept hinsichtlich ethischen Verhaltens von Unternehmen, sondern ist darüber hinaus daten- und faktenorientiert und beschäftigt sich mit der Messung sowie datenmäßigen Erfassung dieser ethischen Leistung.

ESG im Überblick

Die Auseinandersetzung mit ESG-Themen hat sich inzwischen zu einem unausweichlichen Bestandteil des Wirtschaftslebens entwickelt. Im Rahmen der aus den EU-Regularien sich ableitenden verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sind für die Bau- und Immobilienwirtschaft insbesondere die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) und damit verbundene doppelte Wesentlichkeitsanalyse sowie die Taxonomie-Verordnung im Fokus.

Doppelte Wesentlichkeitsanalyse und ESRS

Um die Vergleichbarkeit und Qualität von Nachhaltigkeitsinformationen zu verbessern, wurden seitens EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) eigene europäische Berichtsstandards, die ESRS entwickelt. Derzeit liegen zwölf Standards vor, die in zwei generelle (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenspezifische Standards unterteilt werden. Letztere adressieren Themenstellungen aus den Bereichen Umwelt (ESRS E1 bis ESRS E5), Soziales (ESRS S1 bis S4) und Governance (ESRS G1).

Die generellen Standards, ESRS 1 und ESRS 2, enthalten allgemeine Anforderungen und Angaben zur Berichterstattung und sind daher branchen- und themenübergreifend zu beachten. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist im ESRS 1 geregelt und bildet das Kernelement der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS. Sie erfordert eine umfassende Betrachtung des Geschäftsmodells aus unterschiedlichen Perspektiven.

Im Prozess der doppelten Wesentlichkeitsanalyse gilt es, wesentliche Themen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance für das jeweilige Unternehmen zu identifizieren und in Bezug auf Auswirkungen, Risiken und Chancen zu bewerten. Anschließend müssen Unternehmen über die identifizierten Themen gemäß den entsprechenden themenspezifischen ESRS, berichterstatten. Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit erfordert die Betrachtung von Nachhaltigkeitsthemen hinsichtlich zwei Dimensionen, der sogenannten Inside-Out-Perspektive bzw. Auswirkungswesentlichkeit, sowie der Outside-In-Perspektive, auch finanzielle Wesentlichkeit genannt. Themen gelten als wesentlich, wenn die Wesentlichkeit hinsichtlich einer der beiden Dimensionen (Auswirkungswesentlichkeit oder finanzielle Wesentlichkeit) festgestellt wurde. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sieht die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens vor, daher sowohl die vorgelagerte als auch nachgelagerte Wertschöpfungskette sowie sämtliche Geschäftstätigkeiten. Dies umfasst neben der Untersuchung eigener Geschäftspraktiken auch eine Analyse von Geschäftsbeziehungen, Produkten und Services.

Nach Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse müssen Unternehmen gemäß den entsprechenden ESRS Standards über ihre als wesentlich festgestellten Themen berichten und die entsprechenden Daten erheben.

Da die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ein mehrmonatiger Prozess ist, empfiehlt es sich, rechtzeitig mit der Umsetzung zu beginnen. So können die wesentlichen Themen frühzeitig identifiziert werden, um anschließend die entsprechenden Daten für das berichtspflichtige Geschäftsjahr zu erheben und den Anforderungen der CSRD-Berichtspflicht zeitgerecht nachzukommen.

Taxonomie-Verordnung

Die Taxonomie-Verordnung ist ein zentrales Mittel der EU, um Finanzströme zu nachhaltigen Investitionen zu lenken. Sie stellt ein Klassifikationssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten dar und bietet eine Bewertungsgrundlage, ob bzw. inwieweit eine Wirtschaftstätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der EU-Taxonomie-Verordnung fallen, sind dazu verpflichtet, die Taxonomiefähigkeit und -konformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten anhand bestimmter KPIs offenzulegen. Ein Kernelement der Verordnung sind folgende sechs Umweltziele, vor deren Hintergrund die Beurteilung der Taxonomiefähigkeit- und konformität zu erfolgen hat:

1. Klimaschutz;

2. Anpassung an den Klimawandel;

3. Die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeresressourcen;

4. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft;

5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung;

6. Der Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme.

Die Bau- und Immobilienbranche ist im ersten, zweiten und vierten Umweltziel mit unterschiedlichen Wirtschaftstätigkeiten, wie z.B. Neubau oder Renovierung bestehender Gebäude in der Taxonomie-Verordnung abgebildet. Es gilt zwischen taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten zu unterscheiden. Taxonomiefähigkeit ist gegeben, wenn eine Wirtschaftstätigkeit in den technischen Bewertungskriterien der Taxonomie abgebildet ist. Eine taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeit liegt vor, wenn alle der folgenden vier Kriterien erfüllt werden:

• Leistung eines wesentlichen Beitrags zur Verwirklichung von mindestens einem der sechs Umweltziele.

• Keines der anderen Umweltziele darf wesentlich beeinträchtigt werden.

• Einhaltung von sozialen Mindeststandards (Minimum Safeguards)

• Die Wirtschaftstätigkeit hat den spezifischen technischen Bewertungskriterien zu entsprechen.

Nicht-Finanzunternehmen müssen die Anteile ihrer taxonomiefähigen und -konformen Wirtschaftstätigkeiten an Umsatzerlösen, Investitionsausgaben (CapEX) sowie Betriebsausgaben (OpEX) offenlegen.

Des Weiteren wurden seitens der EU-Kommission am 26. Februar 2025 unter der Bezeichnung „Omnibus“ Vereinfachungen und teilweise Verschiebungen der Nachhaltigkeitsberichtspflicht sowie eine verbesserte Angleichung zwischen den unterschiedlichen Regelwerken (CSRD, EU-Taxonomie, CS3D) angekündigt.

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