Auswege aus selbstverschuldeter Führungslosigkeit - Ein Gespräch mit Daniel Vonier
Business Circle: Sehr geehrter Herr Vonier, zum Auftakt: In unserem letzten Interview haben wir und auch über Ihr neues Buch unterhalten. Warum sollte man gerade Ihr Buch lesen, wenn man Führungsverantwortung im HR Bereich (und allgemein) hat?
Daniel Vonier: Mein Buch „Unlearning Hierarchy“ richtet sich an Menschen, die in einer zunehmend komplexen Welt nach neuen Wegen der Führung und Organisation suchen. Es bietet keine vorgefertigten Lösungen, sondern zeigt, warum wir grundlegende Paradigmen hinterfragen müssen, um Organisationen anpassungsfähig und resilient zu gestalten. HR-Manager und Führungskräfte finden darin nicht nur Denkanstöße, sondern auch konkrete Prinzipien und Praxisbeispiele, wie Selbstorganisation und vernetztes Arbeiten in die Realität umgesetzt werden können. Notiz: Habe die Absatzzahl Frage rausgenommen. FYI es sind über 2000 Exemplare und die Englische Ausgabe erscheint im Feb 2025.
BC: Sie stehen für einen „Sowohl-als-auch“-Ansatz in der Führung. Was heißt das konkret, wie Unternehmen Gegensätze wie Agilität und Struktur oder Kontrolle und Freiheit integrieren?
Vonier: Für mich bedeutet der „Sowohl-als-auch“-Ansatz, Gegensätze nicht als Widersprüche, sondern als Spannungsfelder zu sehen, die sich gegenseitig ergänzen können. Unternehmen brauchen Struktur, um Orientierung zu bieten, und gleichzeitig Freiheit, damit Innovation gedeihen kann. Konkret heißt das, klare Leitplanken und Prinzipien zu schaffen, innerhalb derer Teams eigenverantwortlich arbeiten können. Führung sehe ich als Balance zwischen Steuerung und Loslassen, zwischen Stabilität und Flexibilität.
BC: Wie kann das HR-Management auf dem Weg zu einer resilienten, anpassungsfähigen Unternehmenskultur vom Getriebenen zum Treiber, beziehungsweise vom Unterstützer zum Gestalter werden?
Vonier: Ich bin überzeugt, dass HR die größte Hebelwirkung entfalten kann, wenn es sich von einer unterstützenden Funktion zu einer gestaltenden Kraft entwickelt. Das bedeutet, nicht nur die Symptome von Problemen zu behandeln, sondern die systemischen Ursachen anzugehen. HR sollte die Kultur aktiv mitgestalten, Zusammenarbeit fördern und Strukturen schaffen, die Eigenverantwortung und Anpassungsfähigkeit ermöglichen. Das ist kein leichter Weg, aber es ist der entscheidende, um wirklich etwas zu verändern.
Widerstand ist keine Blockade, sondern wertvolles Feedback
BC: Transformationsprozesse können nur gelingen, wenn das gesamte Team mitgeht: Wie geht man am besten mit menschlichen Widerständen um?
Vonier: Ich habe gelernt, dass Widerstand keine Blockade, sondern ein wertvolles Feedback ist. Wenn Menschen skeptisch sind, liegt es oft daran, dass sie den Sinn hinter einer Veränderung nicht erkennen oder befürchten, dass ihre Bedürfnisse übergangen werden. Der Schlüssel liegt darin, zuzuhören, den Veränderungsprozess nachvollziehbar zu machen und gemeinsam erste Schritte zu gehen. Kleine Erfolge und sichtbare Ergebnisse überzeugen oft mehr als jede PPT Präsentation.
BC: Wie hat Ihre eigene Führungserfahrung Ihr Verständnis geprägt, und gibt es Unterschiede zwischen „hidden Champions“, Start-ups und globalen Konzernen?
Vonier: Meine Erfahrungen in globalen Konzernen, mittelständischen Unternehmen und Start-ups haben mir gezeigt, dass jede Organisation ihre spezifischen Herausforderungen hat. Hidden Champions haben oft starre Hierarchien, die Innovation bremsen können. Start-ups müssen wiederum Strukturen aufbauen, um nachhaltig zu wachsen. Konzerne stehen vor der Herausforderung, Anpassungsfähigkeit in komplexe Systeme zu integrieren. Unabhängig von der Größe ist der gemeinsame Nenner: Transformation gelingt nur, wenn sie ganzheitlich und systemisch-integral angegangen wird.
BC: Welche Key Message an HR-Manager sollte von Ihrem Vortrag ausgehen?
Vonier: Meine zentrale Botschaft lautet: „Don’t hate the player, hate the game.“ Statt Führungskräfte zu bashen oder nur individuelles Training zu finanzieren, müssen wir den Blick aufs große Ganze richten, die Spielregeln des Systems. Führung ist keine Einzelleistung, sondern entsteht in der Interaktion zwischen Menschen. Daher braucht es einen systemischen Ansatz: Organisationen müssen Strukturen, Prozesse und kulturelle Normen verändern, die Verhalten prägen. Wenn wir das System neu gestalten, folgen bessere Führung und Ergebnisse von ganz allein. Das ist der Gamechanger, den HR gestalten kann: Vom Unterstützer zum (Voran-)Treiber der Transformation.
BC: Was war Ihr Eindruck von der PEp-Konferenz, und worauf freuen Sie sich bei der PoP?
Vonier: Die PEp-Konferenz hat eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig der Dialog zwischen Theorie und Praxis ist. Besonders beeindruckt hat mich die Offenheit der Teilnehmer, über altbewährte Ansätze hinauszudenken und innovative Wege für Führung und Organisation zu erkunden. Bei der PoP freue ich mich darauf, diese Energie wieder aufzugreifen, neue Perspektiven zu gewinnen und gemeinsam mit den Teilnehmern weiter an der Frage zu arbeiten, wie wir Organisationen resilienter und zukunftsfähiger gestalten können. Solche Konferenzen sind wertvolle Plattformen, um Impulse zu setzen und voneinander zu lernen.
BC: Danke für das tolle Feedback :-) Wir freuen uns, Sie wieder bei uns zu begrüßen!