Auf dem Weg zur einheitlichen digitalen Identität in Europa
Die Einführung von standardisierten digitalen Identitäten in der EU die über digitalen Brieftaschen (EUDI Wallets) verwaltet werden markiert einen Meilenstein in der digitalen Transformation öffentlicher und privater Dienstleistungen. Österreich steht hier vor entscheidenden Schritten. Ein Überblick über den aktuellen Stand, die regulatorischen Rahmenbedingungen und die Relevanz für Finanzdienstleister sowie die Herausforderungen auf dem Weg zu einer europaweiten digitalen Identität.
Digitales Europa – ein fragmentiertes Ökosystem
Trotz politischer Bestrebungen bleibt die digitale Identitätslandschaft in Europa zersplittert. Länder wie die Niederlande und Schweden verzeichnen hohe Nutzungsraten digitaler Identitäten. Im Vergleich dazu hinkt Österreich hinterher. In Deutschland ist die Nutzung digitaler Identitäten noch weitaus geringer. In vielen Ländern sind digitale Identitätssysteme erst vor Kurzem eingeführt worden. Der Mangel an Interoperabilität erschwert insbesondere grenzüberschreitende Prozesse und schwächt den digitalen Binnenmarkt.
Österreichs ID Austria vor dem Neustart
Aktuell rund 3,8 Millionen Nutzer:innen hat die App Digitales Amt die mit der ID Austria genutzt werden kann. Ihre Anwendung wird zuweilen als wenig benutzerfreundlich kommentiert und viele kennen die Vorteile ihrer Nutzung nicht. Anfang April 2025 kündigte Digitalisierungsstaatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) einen Relaunch für Sommer 2025 an. Bis 2030 soll die Nutzung auf 9 Millionen steigen.
Finanzwirtschaft wünscht sich einfache, sichere und kostengünstige Lösungen
Insbesondere für Banken und Finanzdienstleister bringt der Umgang mit digitalen Identitäten Herausforderungen mit sich. Die Einhaltung des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes (FM-GWG) und korrespondierender Vorschriften über Know-Your-Customer (KYC) erfordert verlässliche Identitätsnachweise. Gleichzeitig gilt es, Datenschutz zu wahren und Benutzerfreundlichkeit sicherzustellen. Unterschiedliche nationale Vorschriftenerschweren eine EU-weite Vereinheitlichung zusätzlich. Mittelfristig könnte sich durch die am 10.7.27 in Kraft tretenden EU-Verordnungen 2024/1620 und 2024/1624 eine Harmonisierung ergeben.
Eine mögliche Lösung ist heute bereits im Einsatz: Die Anforderungen an die Legitimation von Kunden und die Erfüllung der Schriftform bei bestimmten Vorgängen werden durch die Qualifizierte E-Signatur erfüllt. Der jüngste Projektbericht dazu stammt aus dem März 2025 von der bank99. Man muss also für die Nutzung von Vertrauensdiensten nicht bis 2026 warten, sondern kann sofort durchstarten.
Einheitlicher Rahmen durch eIDAS 2.0
Mit der im Mai 2024 verabschiedeten EU-Verordnung 2024/1183 (auch „eIDAS2.0“ genannt) schafft die Europäische Kommission die Grundlage für eine harmonisierte Lösung. Ab 24.12.2026 müssen alle Mitgliedstaaten ihren Bürger:innen eine digitale Identitäts-Wallet anbieten. Diese verbindet staatlich verifizierte Identitäten mit zusätzlichen Attributen – etwa Führerschein oder Bankverbindung – und soll grenzüberschreitend nutzbar sein.
Österreich steht dabei vor der Aufgabe, bestehende Systeme wie ID Austria mit den EUDI-Vorgaben in Einklang zu bringen. Eine Herausforderung, aber auch eine Chance, durchgezielte Modernisierung einen nutzerzentrierten Service zu etablieren.
Technische Grundlagen und Pilotprojekte
Für die technische Umsetzung einschließlich der Monetarisierung von Attributen werden die Standards durch Organisationen wie ETSI und CEN-CENELEC geschaffen bzw. aktualisiert. Parallel laufen zur Pilotierung von EUDI Wallets europaweit derzeit vier großangelegte Pilotprojekte. Ziel ist es, praxistaugliche Lösungen zu entwickeln, die interoperabel und sicher sind.
Unternehmen wie Namirial, ein europaweit tätiger Anbieter qualifizierter Vertrauensdienste und Signatur-Workflows, beteiligen sich aktiv an der Ausgestaltung dieser neuen Infrastruktur. Mit Expertise in technischen und rechtlichen Fragen unterstützt Namirial die Entwicklung von Standards und Implementierungsrichtlinien – auch mit Blick auf regionale Besonderheiten in Österreich.
Standards für Digitale Identitäten elementar für digitale Souveränität
Die Einführung eines europaweiten Standards digitalen Identität ist ein bedeutender Schritt hin zur digitalen Souveränität. Für Österreich bedeutet dies nicht nur technische Anpassungen, sondern vor allem eine nutzerorientierte Weiterentwicklung bestehender Systeme. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit den Anbietern qualifizierter elektronischer Vertrauensdienste eine entscheidende Rolle die beispielsweise auch Angebote wie Wallet-as-a-Service entwickeln.
Klaus Fellner wird beim Tech & Exeuction Circle eine Paneldiskussion zum Thema "Ausblick in die digitale Zukunft - Wie Unternehmen widerstandsfähiger und agiler werden" moderieren.
Über "Europäische digitale Identitäten im Kontext der Geldwäsche-Prävention" diskutiert Klaus Fellner in der Paneldiskussion beim TEC ab 14 Uhr mit Philipp Amann, CISO, Österreichische Post und Alexander Mitter, Vorstand, KSÖ und Anna Muri, Team Lead IT-Risiko-Aufsicht (LSI) zusammen mit dem Moderator Igor Kraut, Head of GRC Services, SPG.
Weitere Themen des Panels sind die Bedrohungslandschaft 2025: Neue Angriffsmuster und wie man sich schützt sowie DORA und NIS 2: Regulatorische Vorgaben und deren praktische Umsetzung.