• Wie Österreich den Ausstieg aus fossilem Gas meistern könnte

Es gibt in Österreich nach wie vor keinen verbindlichen Plan zum Gas-Ausstieg. Ohne zusätzliche Anstrengungen wird dieser nicht bis 2035 zu erreichen sein. Dies ist aber notwendig, um die Abhängigkeit von kriegstreibenden Staaten wie Russland zu beenden und eine saubere, sichere und günstige Energieversorgung für Österreich zu schaffen.

Derzeit sind wir gezwungen, die hohen Erdgaspreise zu akzeptieren. Und das, obwohl wir auf den Import von Erdgas in der Zukunft verzichten können. Denn Österreich kann die Energiewende regional stemmen, doch dafür braucht es mehr Anstrengungen aus der Politik.

Wie gliedert sich der Gasverbrauch in Österreich?

Erdgas wird hierzulande vor allem für das Erzeugen von Wärme verwendet. Es gibt nicht nur viele Verwendungen für fossiles Gas, sondern auch viele Alternativen, die uns und die Industrie zukünftig unabhängig von der Spekulation mit den Gaspreisen machen. Eine sichere und saubere Energieversorgung der Zukunft kann aus Wärmepumpen, Solarthermie, Wärmerückgewinnungsanlagen, Bioenergie und Geothermie bestehen. Kohle- und Atomenergie sind dazu nicht nötig.

gasaustieg bis 2035 verteilung

Was muss in Österreich getan werden?

Greenpeace Österreich legt eine Studie mit drei möglichen Szenarien für die Zukunft vor. Hier werden geringste, intensivierte und notwendige Anstrengungen miteinander verglichen. Das erste Szenario beschreibt die geringsten Anstrengungen: In diesem Szenario würde sich kaum etwas im Vergleich zu heute ändern. Entsprechend erreichen diese Maßnahmen weder den Gas-Ausstieg bis 2035, noch senken sie den gesamten Energieverbrauch. Stattdessen hätte Österreich im Jahr 2040 noch immer einen Bedarf von 70 TWh Gas jährlich.
Auch im zweiten Szenario, mit intensivierten Anstrengungen, bleibt die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus dem Ausland. Hier würde die Industrie zum Beispiel zu Einsparmaßnahmen und nachhaltigen Investitionen bewegt, leider reicht aber auch das nicht aus, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen.

Der Gas-Ausstieg braucht Anstrengungen

Nur die im dritten Szenario genannten notwendigen Anstrengungen werden den Gas-Ausstieg bis 2035 ermöglichen. Das heißt: Keine neuen Gasheizungen und gasbetriebene Industrieanlagen. Privat- und Industriegebäude sind momentan hinter dem aktuellen technischen Stand, was die Wärmeisolierung betrifft. Deshalb braucht es eine thermisch-energetische Sanierungsquote von 10% pro Jahr für Gebäude, momentan sieht die Regierung nur einen Zielwert von 3% vor. Laut des Szenarios müssen Konsumentinnen und die Industrie als größte Verbraucher:innen ihren Energiebedarf jährlich um 12% senken, damit er eine Dimension annimmt, die mit alternativen Heizsystemen flexibel gedeckt werden kann. 

Um die heutige Energieverschwendung bewusst zu vermeiden, müssen Raumwärme und Teile der Prozesswärme ausschließlich durch Wärmepumpen, Erneuerbare Fernwärme, Solarthermie, Biomasse und Wärmerückgewinnungsanlagen betrieben werden. Hochtemperaturanwendungen von Gas lassen sich ersetzen durch Elektroöfen, grünen Wasserstoff oder Biomethan aus der Abfallbehandlung.
Die Industrie (vor allem Chemie- und Petrochemie, Papier-, Stein-, Glas-, Eisen- und Stahl-, Lebensmittelindustrie) muss den Energieverbrauch drastisch reduzieren. Effizienz- und Suffizienzmaßnahmen für die Industrie sind z.B. Abwärmenutzung, Hocheffizienzpumpen, Druckluftsysteme, neue Herstellungsverfahren, neue Schmelzverfahren, Verlängerung des Lebenszyklus von Produkten, Kreislaufführung von Stoffen und die Vermeidung von Abfällen.

Wie könnte der Ausstieg aus fossilem Gas gelingen?

Das Energie-Effizienz-Gesetz muss verbessert werden: Eine Sanierungsquote für Gebäude von 10% ist nötig.

  1. Die Umsetzung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes: Neue Öl- und Gasheizungen dürfen nicht mehr zugelassen werden, der schrittweise Umbau auf erneuerbare Heizsysteme bis 2035 muss garantiert werden. Es kann rund ein Viertel des heutigen fossilen Energieverbrauchs eingespart werden, wenn Fernwärme aus erneuerbaren Energiequellen kommt. Deshalb fordern wir, dass weder Kohle noch Öl und Erdgas für die Erzeugung der Fernwärme zukünftig verwendet werden.
  2. Die oben aufgeführten Effizienz- und Suffizienzmaßnahmen für die Industrie.
  3. Ein sofortiges Ende der Lizenzvergabe für neue fossile Explorationsprojekte in Österreich sowie das Ende der fossilen Förderlizenzen in Österreich bis 2035,
  4. Mittelfristig Gasimporte diversifizieren: Dafür braucht es massive Investitionen in die EU-Stromnetze und Speicherlösungen für eine Flexibilisierung zwischen erneuerbaren Energieträgern. Österreich muss sich jetzt stark machen für einen gemeinsamen Gaseinkauf der EU-Länder aus demokratisch regierten Ländern bis 2035. Bis 2027 ist eine Loslösung von Gas aus autoritären Regimen (wie etwa Russland) anzustreben. 

Im vorherigen Winter mussten wir selbst erfahren, was die strukturelle Abhängigkeit von importiertem Erdgas für unser alltägliches Leben bedeutet. Die Gaskrise hat gezeigt, dass nicht nur die Umwelt unter dem Verbrauch von fossilen Brennstoffen leidet, sondern diese auch auf politischer Ebene Sorgen bereiten. Deshalb braucht Österreich endlich einen verbindlichen Plan, um bis 2035 den Ausstieg aus fossilen Energien zu schaffen.

Der Artikel erschien zuerst im Blog von Greenpeace 
Hier können Sie auch direkt die Studie herunterladen (pdf, 3,2 MB)

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Jasmin Duregger, MA ist Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich. Nach ihrem berufsbegleitenden Masterstudium an der FH Krems in Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement wechselt sie in den zivilgesellschaftlichen Sektor. Sie ist seit rund fünf Jahren bei Greenpeace in Österreich tätig und hat dort federführend Kampagnen im Bereich Klimaschutz und Energiewende umgesetzt. Im Rahmen des neuen Forums Renewables meet Industry Exchange am 20. Juni 2024 gibt Sie einen Impuls zu Thema: „Wie können wir in Österreich bis 2035 aus fossilem Gas aussteigen?“

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