SaaS meets ESG: Interview mit Christian Palzenberger, SAP
Business Circle: Sehr geehrter Herr Palzenberger, Sie arbeiten mit Großkunden mit dem Ziel deren digitale Transformation inklusive Nachhaltigkeitsagenden voranzutreiben. Was ist für Sie das besonders Wertvolle an Ihrem Beruf?
Christian Palzenberger: Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich große Unternehmen in den letzten Jahren zunehmend mit Digitalisierung beschäftigen und sich für Nachhaltigkeit engagieren. Diese Kunden haben nicht nur die Ressourcen, sondern auch den Einfluss, echte Veränderungen voranzutreiben. Großkunden spielen eine Schlüsselrolle, da sie mit ihrer Größe und Reichweite eine Vorbildfunktion einnehmen und nachhaltige Innovationen in der Breite vorantreiben können. Besonders wertvoll ist es für mich, diesen Unternehmen die richtigen Tools und Lösungen an die Hand zu geben, um ihre Digitalisierung und Nachhaltigkeitsziele effektiv umzusetzen.
BC: Nachdem Sie jetzt schon sehr lange bei SAP sind: Was waren die größten Veränderungen in dieser Zeit und was erwarten Sie für die kommenden 5 Jahre?
Palzenberger: Die größte Veränderung war der Paradigmenwechsel hin zu cloudbasierten Lösungen, dem damit verbundenen Drang die Geschäftsprozesse wieder stärker zu standardisieren und die zunehmende Fokussierung auf Nachhaltigkeit. Damit schaffen Unternehmen die Grundlage für eine Optimierung ihrer aktuellen Geschäftspraktiken und gleichzeitig werden Ideen für neue Geschäftsmodelle geboren.
In den kommenden Jahren sehe ich eine stärkere Integration von künstlicher Intelligenz und Nachhaltigkeitsaspekten in die üblichen Geschäftsprozesse. Mit dem SAP Green Ledger werden wir zukünftig Finanzkennzahlen mit Nachhaltigkeitsdaten gemeinsam betrachten können, was völlig neue Einblicke ermöglicht. Nachhaltigkeit hat einen Preis, und das muss ich als Unternehmen bewerten und planen können. Und die verstärkte Nutzung von künstlicher Intelligenz in den Geschäftsprozessen wird es Unternehmen erlauben, viel effizienter zu agieren und mehr Informationen aus ihren Daten zu ziehen. Das kann aber auch nur gelingen, wenn die Prozess- und Datenbasis entsprechend gut und sauber ist.
BC: Wie bewerten Sie die Geschäftsrelevanz von ESG jenseits von regulatorischen Anforderungen und Berichterstattungspflichten?
Palzenberger: ESG ist weit mehr als Compliance. Die meisten Unternehmen kümmern sich heute darum, wie sie die Berichterstattungspflichten zeitgerecht erfüllen können. Dabei wird es wird zunehmend wichtiger, das Thema als einen strategischen Differenzierungsfaktor zu sehen, der Wettbewerbsfähigkeit, Investorenzugang und Kundenbindung fördert. Unternehmen, die ESG als integralen Bestandteil ihrer Strategie und Geschäftsprozesse begreifen, können Marktchancen besser nutzen und Risiken effektiver managen.
BC: Wie können SaaS-Lösungen dazu beitragen, digitale Transformation und Nachhaltigkeitsziele miteinander verbinden, ohne die wirtschaftlichen Ziele eines Unternehmens zu gefährden?
Palzenberger: Wir sehen immer häufiger, dass Unternehmen ihr aktuelles Setup und ihre Prozesse grundsätzlich überdenken. Hier geht es unter anderem um eine Anlehnung an industrie-spezifische Best Practices, die sich über die letzten 50 Jahre entwickelt haben. Aktuelle Technologien wie SaaS-Lösungen unterstützen diese Umsetzung wesentlich, weil diese Prozesse out-of-the-box mitgeliefert werden. Und dank ihrer schnellen Einsatzbereitschaft und hohen Flexibilität lassen sich diese Lösungen zügig anpassen, um etwa auf neue regulatorische Anforderungen zu reagieren. Gleichzeitig integrieren viele Unternehmen im Zuge ihrer Transformationsprojekte das Thema Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsprozesse, um die Daten so automatisiert wie möglich zu erhalten und auch weiterverarbeiten zu können. Somit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen – Digitalisierung zum Zwecke der Kostenoptimierung und Umsatzsteigerung sowie gleichzeitig der Aufbau eines nachhaltigen Geschäftsgebahrens.
Welche Daten werden eigentlich gebraucht und wo bekommt man die her?
BC: Unternehmen stehen unter wachsendem Druck, ihre ESG-Daten konsistent zu erheben und effizient zu kommunizieren. Was sind die häufigsten Stolpersteine, und wie können diese durch SAP-Lösungen überwunden werden?
Palzenberger: Die meisten Unternehmen stehen vor der Herausforderung zu erheben, welche Daten sie eigentlich brauchen, welche sie schon haben und woher sie noch fehlende bekommen. SAP kann aufgrund des umfassenden Lösungsportfolios und der Abdeckung der wichtigsten Geschäftsprozesse einen Großteil der nötigen Daten zur Verfügung stellen. Manche sprechen von teilweise mehr als 70% der Daten, die sie für ESG-Zwecke benötigen. Aufgrund der nativen Integration unserer Lösungen können diese Daten stark automatisiert verarbeitet werden, und wir liefern darüber hinaus die Inhalte und Prozesse, die Unternehmen als Template bzw. Leitfaden nutzen können. Das hilft enorm beim Auf- und Umsetzen einer skalierbaren Nachhaltigkeitsstrategie. Und obendrein arbeiten wir mit Wirtschaftsprüfern, um sicherzugehen, dass unsere Lösungen auch deren Anforderungen abdecken, sodass am Ende allen geholfen und eine Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Daten geschaffen ist.
BC: Sie werden in Ihrem Vortrag über einen „Schnelldurchlauf“ bei der Erstellung und Auswertung von ESG-Daten sprechen, was kann man sich konkret darunter vorstellen?
Palzenberger: Wir arbeiten gerade mit der voest an einer Implementierung unserer SAP Sustainability Footprint Management Lösung, die es erlaubt einen Product Carbon Footprint skalierbar für viele Produkte zu errechnen. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus eines Produkts – vom Einkauf der Rohmaterialien über die Fertigung, Transport bis zur Nutzung des Produkts - betrachtet und der Fußabdruck entsprechend ermittelt. Eine der größten Herausforderungen für viele Unternehmen ist es, standardisiert lieferantenbezogene Scope 3 Daten zu bekommen. Das schaffen wir mittels unserer SAP Sustainability Data Exchange Lösung, die es basierend auf dem PACT-Framework erlaubt, diese Daten entlang der Supply Chain auszutauschen. Dh sie können sich einerseits die Daten ihrer Lieferanten holen, diese Daten in die Berechnung für Ihr Fertigprodukt einfließen und diese dann am Ende ihren Kunden zukommen lassen.
BC: Abschließend: Sie kennen den Sustainability Summit nun schon seit 2022. Was motiviert Sie, wieder an dieser Konferenz teilzunehmen?
Palzenberger: Österreich ist ein überschaubarer, aber gleichzeitig ein führender Markt mit vielen innovativen Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit als zentrales Element ihrer Unternehmensstrategie nutzen. Gerade im Nachhaltigkeitsbereich kennt jeder jeden –Networking ist daher besonders wichtig und der Sustainability Summit bietet hier die richtige Atmosphäre. Der persönliche Austausch mit Gleichgesinnten, relevanten Entscheidungsträgern, Beratungsfirmen und Lösungsanbietern ist hier eine einmalige Gelegenheit. Nachhaltigkeit ist ein Teamsport und gemeinsam müssen wir dieses Thema vorantreiben.
BC: Danke für das gute Feedback! Wir freuen uns, Sie wieder zum Sustainability Circle bei uns zu begrüßen!