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Neue Risiken auf dem M&A-Markt: Interview mit Veronika Böhm

Veronika Böhm leitet die österreichische Transactional Risk Practice von Marsh. Am 14. Oktober 2022 ist sie Co-Gastgeberin eines Workshops zum Thema Tax Due Diligence. Wir sprechen darüber, welche Auswirkungen neue Risiken wie Energieknappheit und das Aufkommen von ESG Due Diligence auf den M&A-Markt haben werden.

Business Circle: Im Interview hat ihr Vortragskollege Herr RA Wolski seinen Eindruck geäußert, dass die TAX Due Diligence in den letzten Jahren immer anspruchsvoller geworden ist, hat sich das in der Risikobewertung niedergeschlagen?
Mag. Veronika Böhm: Durchaus. Die Versicherer hinterfragen die Tax DD kritischer als noch vor einigen Jahren. Damit im engen Zusammenhang steht ein immer besseres Verständnis der Versicherer durch eigene In-house Expertise für „komplexere“ Steuerrisiken. Mit 30% aller Claims-Fälle macht der Steuerbereich auch den Großteil der Schadensnotifikationen aus, was sich in einer entsprechend granularen Risikobeurteilung niederschlägt.

BC: Das Investitionsklima und die Stimmung verschlechtern sich, welche neuen Risiken könnten da auf heimische Unternehmen zukommen und wie können diese sich dagegen absichern?
Böhm: Das ist eine sehr gute Frage. Vor ein paar Monaten hätte ich es noch für sehr unwahrscheinlich gehalten, dass die EZB die Zinsen in den nächsten 5 Jahren um 75 Basispunkte erhöht.
In den nächsten 2 Jahren werden laut Global Risks Report 2022 die folgenden fünf Risiken Österreich bedrohen:
• Versagen Klimamaßnahmen zu setzen
• Untergrabung des sozialen Zusammenhalts
• Schuldenkrise
• Konzentration von Digitaler Macht
• Anhaltende wirtschaftliche Stagnation sowie Extreme Wetterereignisse
Viele heimische Unternehmen haben schon bisher konservativ geplant. Diese Vorgehensweise hat sie gut durch Krisenzeiten gebracht. Im aktuellen Umfeld ist es wichtig, dass Unternehmen ihre Risikoexponierung erkennen und richtig einordnen können. Die Rolle des Risikomanagements wird daher immer wichtiger.

BC: Inwiefern wurden Risiken wie Stromausfall oder Energieknappheit in der Vergangenheit betrachtet und hat sich da in den letzten Wochen etwas geändert?
Böhm: Diesen Risiken wurde in der Vergangenheit wenig Beachtung geschenkt. Dieser Aspekt wird aber unseres Erachtens solange der Konflikt anhält, künftig insbesondere hinsichtlich der Bewertung eines Unternehmens, des Sektors sowie der Jurisdiktion in dem es tätig ist eine wesentliche Rolle spielen.

BC: Erwarten Sie bei einer drohende Insolvenzwelle mögliche Auswirkungen auf den M&A Markt?
Böhm: Ja, auch die Coronakrise hat wegen der Unsicherheiten zumindest kurzfristig zu einer Verlangsamung der M&A Aktivitäten geführt. Wegen der staatlichen Stützungen während der Krise hat sich die M&A Aktivität (noch) nicht in den Distressed Bereich verlagert. Wir gehen davon aus, dass dieses Problem nur aufgeschoben wurde. In Kombination mit der bevorstehenden Energiekrise ist daher durchaus damit zu rechnen, dass es kurz bis mittelfristig zu einer Verlagerung der M&A Aktivität in den Distressed Bereich kommen wird und die Zahl der Transaktionen mit Unternehmen in der Krise und aus der Insolvenz heraus zunehmen wird.

ESG Due Diligence als neuer Trend

BC: Abschließend ein Blick in die Zukunft: Denken Sie, dass ESG Due Diligence bald so wichtig sein wird wie TAX Due Diligence?
Böhm: Ja, das ist nicht unwahrscheinlich. Im Transaktionsbereich sehen wir zunehmend ESG Due Diligences. Für manche Fondsbereiche ist eine entsprechende Analyse bereits verpflichtend. Als aufsichtsrechtliche regulierte Unternehmen müssen Versicherer ESG-Risiken in ihr Risikomanagement miteinbeziehen und unterliegen entsprechenden Transparenz- und Meldepflichten, da sich Nachhaltigkeitsrisiken zumindest mittelbar auch auf die Geschäftstätigkeit der Versicherer auswirkt (bspw. Nachhaltigkeitsrisiken aufgrund sinkender Biodiversität – höhere Versicherungsschadensummen).

BC: Liebe Frau Mag. Böhm, wir freuen uns sehr, Sie auf der RuSt zu begrüßen!

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Mag. Veronika Böhm leitet die österreichische Transactional Risk Practice von Marsh. Sie berät Kunden zu der Absicherung von Transaktionsrisiken durch Versicherungen (e.g. W&I, Contingent Liability).
Veronika Böhm ist Rechtsanwältin und verfügt über mehr als 8 Jahre Erfahrung im Bereich Financial Services und M&A. Sie arbeitete in namhaften Wiener Rechtsanwaltskanzleien und beriet insbesondere internationale und nationale Banken, FinTechs, Wertpapierfirmen bei M&A Transaktionen. Am 14. Oktober 2022 ist sie zusammen mit Martin Jann, PwC und Nicolas Wolski, bpv Hügel Gastgeberin eines Workshops „Tax Due Diligence und ‚How to deal with the findings‘.

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