Lieferketten Challenge – Wechseln oder beim Transformieren helfen?
Von Christoph Stieg, PERFACT CONSULTING: Wer bei seinen Lieferanten feststellt, dass die ESG Kriterien bzw. die regulatorischen Anforderungen nicht erfüllt sind oder auch nicht erfüllt sein könnten, der steht vor der schwierigen Entscheidung, ob er wechseln soll oder dem Lieferanten bei der Transformation hilft.
Und die Frage nach einem Wechsel des Lieferanten ist sicher nicht generell mit a oder b beantwortbar.
Das vorrangige Ziel des Auftraggeber-Unternehmens ist jedenfalls, die eigene Wirtschaftlichkeit nicht zu gefährden und Chancen zu nutzen. Von diesem Ziel ausgehend sind Voraussetzungen, Wechselwirkungen und Auswirkungen abzuwägen.
Um die Entscheidung zu finden hat es sich bewährt, die folgenden Szenarien in Bezug auf den Stand des Lieferanten-Unternehmen durchzudenken.
Die Szenarien
Grüne Fassade und viel Schwarz dahinter
Für Liefer-Unternehmen, die sich bisher gerne und vielleicht auch sehr erfolgreich grün dargestellt haben aber hinter der Fassade eher darauf ausgerichtet waren, ausschl. das zu machen, was unerlässlich, unvermeidlich war, ist fraglich, ob jetzt eine ersnthafte Wendung hinsichtlich Haltung und Strategie stattfindet. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist wohl ein Wechsel zu einem anderen Lieferanten ebenso unvermeidlich. Um die „Grünheit“ eines Lieferanten zu bewerten sind Kriterien abzuleiten, nach dem ich als Auftraggeber-Unternehmen ein Liefer-Unternehmen bewerten will und was für die gewünschten KPIs wichtig ist. Dabei hilfreich können sein: Global Risks Report (WEF), Rating, Earth4All (Club of Rome), GSSB (GRI), REFINITIV, Sustainalytics.
Ernsthaft bemüht
Bei Liefer-Unternehmen, die sich schon zurückliegend ernsthaft bemüht haben aber nicht so richtig vorangekommen sind, ist zu hinterfragen, was sie bisher blockiert hat. Hier macht das sorgfältige Prüfen einer gemeinsamen Vorgehensweise sicher sehr viel Sinn. Es könnten Potenziale und Chancen aus einer noch besseren Zusammenarbeit resultieren.
Regulatorik konform
Im Prinzip ist nichts zu tun. Als Auftraggeber-Unternehmen kann ich mir die Frage stellen: Habe ich mein eigenes Geschäftsmodell kritisch im Auge und bin ich aufmerksam darauf, welche Chancen aus einer weiter betriebenen Transformation oder gar Disruption zu realisieren wären? Wenn ich mir diese Frage stelle, dann kann ich prüfen, ob der Lieferant im konstruktiv kritischen Dialog bereit ist, gemeinsam an einer innovativen Strategie zu arbeiten.
Chancenorientierter Vorreiter
Ist das Lieferanten-Unternehmen schnell oder deutlich schneller, innovativ oder deutlich innovativer unterwegs als seine Marktbegleiter? Dann habe ich sorgfältig zu prüfen und zu beobachten, welches etwaige Risiko besteht, dass ich als Auftraggeber-Unternehmen nicht mehr beliefert werde, weil der Lieferant einen anderen Kunden für seine Strategie besser passenden identifiziert hat und diesen Kunden (bevorzugt) beliefern will.
Der Lieferant ist allein auf weiter Flur
Wenn das Liefer-Unternehmen in einer Art Monopol-Situation positioniert ist, dann ist - unabhängig von deren ESG-Strategie – in zwei Richtungen zu prüfen: Einerseits: Wie kann die Zusammenarbeit weiter intensiviert und hinsichtlich der Regulatorik und ESG-Strategie optimiert werden und andererseits: Welche Möglichkeiten gibt es heute aufgrund des dynamischen ESG-Umfelds, der Geburtshelfer eines neuen Liefer-Wettbewerbers zu sein?
Was tun?
Quickwins, die sich schnell umsetzen lassen und eine signifikante Verbesserung der Bewertung erlauben ergeben sich oft bei Verpackung, bei Transport und beim Bestell-Prozesss. Teilweise lassen sich Liefer-Unternehmen überzeugen, Verhältnisse zu optimieren – oft ist dem Auftraggeber-Unternehmen nicht bewusst, worum es geht und was es kostet, es zu ändern.
Dennoch kann die Transformation an sich mitunter ein längerer Prozess sein. Oft hat es mit Mut zu tun, ob man schneller oder langsamer vorgeht. Teilweise sind auch die (politischen) Rahmenbedingungen oder gesellschaftliche Voraussetzungen sukzessive positiv zu entwickeln (beispielsweise durch positive nudging und lobbying)
Zusammenfassend braucht es eine sorgefältige Bewertung und Analyse, die jedenfalls individuell und situativ erfolgen muss, wenngleich selbstverständlich grundlegend auf objektive Kriterien zurückgegriffen wird. Und es braucht den Dialog.
Wir sind überzeugt davon, dass alle Lieferketten-Herausforderungen immer mit einem offenen kritisch konstruktiven Dialog starten sollten. In dieser Phase lernen sich die Unternehmen – Kunden und Lieferanten – neu kennen.
Der Autor: Mag. Christoph Stieg ist GeschäftsführenderGesellschafter von PERFACT CONSULTING > Geschäftschancen > Personalentwicklung > Nachhaltigkeit. Sein Team und er beraten und begleiten Unternehmen dabei, ökosoziales, nachhaltiges Wirtschaften von innen heraus gestalten. Und: Walk the talk – er reist mit Bahn und Fahrrad an. Durch den Austausch am Round Table („Ideen-Lab – ESG Supply Chain Challenge“) im Rahmen des Austrian Sustainability Summit nimmt jeder Teilnehmende Praxis-Beispiele und Anwendungserfahrungen von anderen mit. Teilnehmende können mit den Impulse ihre Bewertungsstrategien und -praktiken optimieren. „Gemeinsam anpacken“ wird als Erfahrungswert diskutiert und ergeben sich bewährte Anhaltspunkte, um mit ihren Liefer-Unternehmen in einen konstruktiven Dialog zu führen.