JUVE Ranking Konfliktlösung: Prozesse um Corona-Hilfen sowie Dauerbrenner Baukartell und Dieselskandal
Gespeist von großen Verfahrenskomplexen und einer krisengetriebenen, höheren Streitbereitschaft sind viele Prozess- und Schiedspraxen gut ausgelastet. Das führt dazu, dass neue Einheiten ihren Platz finden. Andere halten nicht Schritt und verabschieden sich aus dem Markt, etwa weil der Generationswechsel nicht gelang.
Im Oktober 2023 sorgte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) für einen Paukenschlag: Er erklärte mehrere Bestimmungen zu den Covid-19-Hilfen für unzulässig, für deren Abwicklung die Cofag bestimmt war. Die Prozesse um Corona-Hilfen sorgten jedenfalls bei etlichen Kanzleien für Mandate, die aktuelle VfGH-Entscheidung könnte weitere Verfahren anstoßen.
Als Beispiel für eine krisengetriebene Auseinandersetzung kann der Gesellschafterstreit beim Kärntner Flughafen in Klagenfurt gelten. Aufgrund des Einbruchs der Passagierzahlen in den vergangenen Jahren zogen die Stadt und die Kärntner Beteiligungsverwaltung im Sommer eine Option, die ihnen die Anteile der Minderheitsgesellschafterin Lilihill sichern könnte. Allerdings wehrt sich diese vor dem Handelsgericht Wien gegen dieses Vorgehen (Gz. 40 Cg 59/23m). Vertreter in dem Verfahren sind die Wiener Kanzleien Frotz Riedl und Binder Grösswang sowie die Kärntner Einheiten Wiedenbauer Mutz Winkler & Partner und Tschurtschenthaler.
Daneben gibt es jede Menge Dauerbrenner, die eine ganze Reihe von Kanzleien seit Jahren beschäftigen, allen voran das Baukartell und der Dieselskandal. Ebenfalls auf vierstellige Zahlen kommen die Verfahren, in denen sich internationale Wett- und Glücksspielanbieter gegen Forderungen von Spielern wehren. Als Vertreter der Unternehmen treten unter anderem DSC Doralt Seist Csoklich, DLA Piper Weiss-Tessbach und Brandl Talos auf; letztere hat seit Jahren einen starken Schwerpunkt im Glücksspielrecht und baute nun in der Prozessführung erheblich an personeller Schlagkraft auf.
Schiedsrecht
Im Schiedsrecht fallen zwei Entwicklungen auf: Investitionsschutzverfahren sind vor allem für Teams wie Baker McKenzie und Schönherr prägend, die in Ost- und Südosteuropa stark vernetzt sind und für die EU-Außengrenzen überschreitende Auseinandersetzungen gut gerüstet sind. Für den Wiener Schiedsstandort wichtig ist außerdem, dass der VIAC deutlich mehr Präsenz nach außen zeigt und – noch wichtiger – bei Schiedsrechtlern in der Verfahrensführung als effizient und schnell gilt. Die Fallzahlen in den ersten zehn Monaten dieses Jahres zeigen bei der Schiedsinstitution jedenfalls deutlich nach oben.
Neue Player am Markt
Aufseiten der Kanzleien stechen vor allem drei Neugründungen hervor: die Schiedsboutique Peters Ortner Partners, die auf versicherungsrechtliche Streitigkeiten spezialisierte Kanzlei Strasser Haindl Meyer, die sich Anfang 2022 aus der renommierten Einheit Vavrovsky Heine Marth herauslöste und bestens entwickelte. Neu ist auch die breit aufgestellte Kanzlei Fieldfisher, die im Sommer einen Standort in Wien startete und dort unter anderem die Schiedstätigkeit vorantreiben will. Auch die Grazer Kanzlei Scherbaum Seebacher tritt stärker als Streitkanzlei in Erscheinung, insbesondere für Unternehmen aus der Versicherungsbranche.
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Die Autoren: Raphael Arnold und Michael Forst sind beim Juve-Verlag speziell für den österreichischen Markt zuständig
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