Finanz- und Nachhaltigkeitsberichtserstattung im Wechselspiel: Interview mit Catharina Ahmadi
Business Circle: Sehr geehrte Frau Ahmadi, welche Bedeutung hat die Verbindung von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen?
Catharina Ahmadi: Die Verbindung von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mehr als nur eine regulatorische Notwendigkeit – sie ist eine strategische Chance für Unternehmen, Transparenz und Vertrauen bei ihren Stakeholdern zu stärken. Während Finanzberichte primär die wirtschaftliche Leistung eines Unternehmens darstellen, ergänzen Nachhaltigkeitsberichte diese Perspektive um ökologische, soziale und Governance-Aspekte.
Durch diese Integration können Unternehmen die finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsinitiativen aufzeigen, wie beispielsweise die Effizienzsteigerung durch Energieeinsparungen oder die Risiken durch strengere CO₂-Vorgaben. Gleichzeitig wird es möglich, nichtfinanzielle Aspekte, etwa den Umgang mit sozialen Risiken in der Lieferkette, in das finanzielle Risikomanagement einzubinden. Diese Verbindung schafft ein ganzheitliches Bild der Unternehmensleistung und unterstützt sowohl Investoren als auch andere Stakeholder bei fundierten Entscheidungen.
Langfristig kann ein solch integrierter Ansatz helfen, das Unternehmen besser auf künftige Herausforderungen vorzubereiten und es wettbewerbsfähiger zu machen, da es nicht nur finanziell, sondern auch nachhaltig gut aufgestellt ist.
BC: Wie bereiten sich Unternehmen auf die steigenden Anforderungen der Berichterstattung vor?
Ahmadi: Die zunehmende Komplexität der Berichtsanforderungen durch Standards wie CSRD und ESRS fordert Unternehmen dazu auf, ihre internen Prozesse und Strukturen grundlegend zu überarbeiten. Viele beginnen mit der Einführung eines integrierten Berichtswesens, das Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten harmonisiert und so die Grundlage für eine konsistente und umfassende Berichterstattung schafft.
Ein wichtiger Schritt dabei ist die Digitalisierung. Moderne IT-Systeme werden eingesetzt, um Daten aus unterschiedlichen Abteilungen zu konsolidieren und in Echtzeit analysieren zu können. Unternehmen investieren in Plattformen, die Finanz- und ESG-Daten verbinden, und setzen verstärkt auf Automatisierung, um die Datenqualität zu verbessern und Berichtsprozesse zu beschleunigen.
Darüber hinaus legen viele Unternehmen Wert auf die Schulung ihrer Mitarbeiter, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Teams über die nötigen Kenntnisse zu den neuen Standards verfügen. Diese Maßnahmen, kombiniert mit einer klaren Strategie und einem interdisziplinären Ansatz, bereiten Unternehmen darauf vor, die Berichtsanforderungen nicht nur zu erfüllen, sondern auch einen echten Mehrwert für das Unternehmen und seine Stakeholder zu schaffen.
BC: Welche Synergien ergeben sich durch die Integration von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichten?
Ahmadi: Die Integration von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichten bietet eine Vielzahl von Synergien, die sowohl operative als auch strategische Vorteile mit sich bringen. Operativ können durch die Bündelung von Daten und Prozessen ineffiziente Doppelstrukturen abgebaut werden. Beispielsweise können Teams, die an Finanzberichten arbeiten, enger mit denjenigen zusammenarbeiten, die für Nachhaltigkeitsdaten zuständig sind. Dies fördert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch ein besseres Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen finanziellen und nichtfinanziellen Aspekten.
Strategisch ermöglicht die Integration, Risiken und Chancen ganzheitlicher zu betrachten. So können Unternehmen die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsinitiativen auf die finanzielle Leistung klarer darstellen – etwa Einsparungen durch Energieeffizienz oder Marktchancen durch nachhaltige Produktinnovationen. Gleichzeitig wird es einfacher, finanzielle Risiken aus Nachhaltigkeitsperspektive zu bewerten, wie etwa die Exposition gegenüber Klimarisiken oder potenzielle Haftungsrisiken durch regulatorische Änderungen.
Diese Synergien tragen dazu bei, das Unternehmen resilienter und zukunftsfähiger zu machen, da die Entscheidungen auf einer umfassenderen und verlässlicheren Datenbasis getroffen werden können.
Die neuen Standards stellen hohe Anforderungen an Unternehmen
BC: Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung dieser Integration?
Ahmadi: Die Integration von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung bringt komplexe Herausforderungen mit sich, die technischer, organisatorischer und kultureller Natur sind. Eine der größten Hürden ist die Datenbeschaffung. Nachhaltigkeitsdaten stammen oft aus verschiedenen Quellen – von Lieferketten über Energieverbrauch bis hin zu sozialen Indikatoren. Diese Daten sind häufig unstrukturiert, schwer zugänglich und nicht immer in der nötigen Qualität verfügbar.
Ein weiteres Hindernis ist die Harmonisierung dieser Daten mit Finanzkennzahlen. Finanz- und Nachhaltigkeitsabteilungen haben traditionell unterschiedliche Perspektiven und Arbeitsweisen, was eine engere Zusammenarbeit und ein gemeinsames Verständnis erfordert. Dies erfordert nicht nur neue Prozesse, sondern auch eine kulturelle Veränderung innerhalb des Unternehmens, damit beide Bereiche als gleichwertige Partner gesehen werden.
Darüber hinaus stellt die Einhaltung der neuen Standards wie CSRD und ESRS hohe Anforderungen an Unternehmen, insbesondere wenn sie international tätig sind und unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen gerecht werden müssen. Hier sind Investitionen in IT-Systeme, Schulungen und externe Beratung unvermeidlich, um die Integration erfolgreich umzusetzen.
BC: Wie verändert sich die Rolle der Finanzabteilung im Kontext der Nachhaltigkeit?
Ahmadi: Die Rolle der Finanzabteilung wandelt sich grundlegend. Früher lag der Fokus ausschließlich auf Kostenkontrolle und der Maximierung von Gewinnen. Heute wird von Finanzabteilungen erwartet, dass sie Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Arbeit integrieren und aktiv zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens beitragen.
Ein zentraler Aspekt ist die Integration von ESG-Faktoren in das Risikomanagement. Finanzabteilungen müssen bewerten, wie sich Klimarisiken, soziale Herausforderungen oder regulatorische Änderungen auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens auswirken könnten. Darüber hinaus spielt die Abteilung eine Schlüsselrolle bei der Bewertung von Investitionsentscheidungen, etwa ob Projekte den Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens entsprechen und langfristig rentabel sind.
Dieser Wandel erfordert neue Kompetenzen und eine engere Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen wie dem Nachhaltigkeitsmanagement. Finanzexperten müssen nicht nur Zahlen interpretieren, sondern auch deren ökologischen und sozialen Kontext verstehen. Dies erweitert ihre Rolle und macht sie zu einem unverzichtbaren Partner in der nachhaltigen Transformation des Unternehmens.
BC: Sehr geehrte Frau Ahmadi, wir danken Ihnen für dieses Gespräch uns freuen uns, Sie zum Sustainability Summit zu begrüßen!