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Die Chancen und Herausforderungen von Net-Zero

Net-Zero-Ziele werden verpflichtend

Begriffe wie Net-Zero-Ziele kursieren nicht nur immer häufiger im allgemeinen Sprachgebrauch, sie sind auch von zunehmender Relevanz für die Tätigkeit von Unternehmen. So gibt es immer mehr und klarer werdende rechtliche Anforderungen an Unternehmen, eben solche Ziele zu setzen, zu verfolgen und darüber zu berichten. Des Weiteren inkludieren die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) im Rahmen der CSRD (Corporate Sustainability Directive) im E1 „Climate Change Standard“ Disclosures über Treibhausgasemissionsziele, die sowohl mit dem 1,5°C-Ziel vereinbar als auch wissenschaftlich basiert sind. Falls noch keine solche Ziele vorhanden sind, ist über dessen Entwicklung zu berichten. Das Erstellen dieser Ziele geht mit ergänzenden Richtlinien und Vorschriften einher, die im Folgenden erläutert werden[1].

Welche Unternehmen werden wann von der Offenlegung von Net-Zero-Zielen betroffen sein?

Die CSRD betrifft vorrangig EU-Unternehmen, genauer alle kapitalmarktnotierten EU-Unternehmen sowie alle großen EU-Unternehmen. Als großes Unternehmen gelten solche, die zwei der folgenden drei Kategorien erfüllen: (i) über 250 Mitarbeiter:innen, (ii) über EUR 40 Millionen Umsatzerlöse, (iii) über EUR 20 Millionen Bilanzsumme[2]. Befreiungen gibt es auf der Unternehmensebene, wenn die notwendigen Informationen im Konzernlagebericht der Muttergesellschaft enthalten sind. Keine Befreiungen gibt es jedoch für große kapitalmarktnotierte Unternehmen[3]. Neben EU-Unternehmen können auch Nicht-EU-Unternehmen betroffen sein, und zwar wenn ihr Umsatz in der EU mehr als EUR 150 Millionen beträgt und mindestens eine EU-Tochtergesellschaft (groß oder kapitalmarktnotiert) oder eine EU-Zweigniederlassung mit mehr als EUR 40 Millionen Umsatz in der EU besteht[4]. Bis zum Geschäftsjahr 2027 ist es möglich, einen konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht für EU-Töchter zu veröffentlichen, ab Geschäftsjahr 2028 muss es einen Nicht-EU-Konzernbericht geben[5].

Nähere Informationen zur CRSD finden Sie hier: CSRD Factsheet

Verschiedene Tools unterstützen bei der Setzung von Net-Zero-Zielen

Wenn man von Net-Zero-Commitments spricht, sind Initiativen wie die „Science Based Targets Initiative (SBTi)“ oder die „Net Zero Initiative (NZI)“ nicht mehr wegzudenken[6]. Welchen Rahmen man zur Erstellung des eigenen Dekarbonisierungspfads wählt, hängt jedoch stark von den Ambitionen und der Zielsetzung ab.

Die SBTi schafft einen Rahmen, der prüft, ob die Nachhaltigkeitsziele "wissenschaftlich fundiert" sind, d. h. mit dem übereinstimmen, was nach dem neuesten Stand der Klimawissenschaft notwendig ist, um die Ziele je nach Ambitionsniveau (1,5°C oder Net-Zero) zu erreichen. Die SBTi definiert Net-Zero folgendermaßen:

„a) Reduzierung ihrer Emissionen aus Scope 1, 2 und 3 auf Null oder auf ein Restniveau, das mit dem Erreichen von Netto-Null-Emissionen auf globaler oder sektoraler Ebene in geeigneten 1,5°C-Szenarien oder sektoralen Pfaden vereinbar ist.

(b) Neutralisierung aller verbleibenden Emissionen zum Netto-Null-Zieltermin und alle danach in die Atmosphäre freigesetzten Treibhausgasemissionen.[7]Die Validierung der Klimaziele erfolgt mittels eines detaillierten Kriterienkatalogs. Zum jetzigen Zeitpunkt (31.01.2023) haben 4.099 Unternehmen Maßnahmen bei SBTi ergriffen[8].

Die Net-Zero-Initiative wiederum bietet Organisationen eine Möglichkeit, ihre Klimamaßnahmen zu beschreiben und zu organisieren. Sie beruft sich auf drei Themenfelder: Reduktion der eigenen Emissionen, Reduktion anderer Emissionen und Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre. Diese drei Themenfelder kann man wiederum in zehn Prinzipien unterteilen, um Unternehmen zu befähigen, ihren Beitrag zur Erreichung der globalen Kohlenstoffneutralität zu maximieren[9].

Umsetzung in der Praxis

Die Integration dieser Vorschriften und Ziele ins eigene Unternehmen kommt mit einer gewissen Komplexität. Um diese zu reduzieren, kann die Umsetzung von Net-Zero-Zielen in einigen Schritten zusammengefasst werden:

  1. Definition von Verantwortungen und Zuständigkeiten für die Net-Zero-Strategie
  2. Rechtzeitiges Erfassen der Daten für die CO2-Bilanz
  3. Definition und Umsetzung der Maßnahmen für die Zielerreichung
  4. Laufendes unterjähriges Monitoring der CO2-Einsparungen
  5. Jährliches Reporting im Rahmen der CSRD

Im Hinblick auf ein Reporting nach ESRS gilt es, die vergangenen, aktuellen und künftigen Bestrebungen in Richtung 1,5°C-Klimaerwärmung (Pariser Klimaziele) zu erläutern.

Was sollte man bei der Festlegung eines Net-Zero-Ziels beachten?

Der Fokus auf erhöhte Transparenz in der klimabezogenen Berichterstattung wurde bereits von der European Securities and Markets Authority betont. In ihrem Public Statement „European common enforcement priorities for 2022“[10] finden sich “Climate-related matters” als oberste Priorität für sowohl IFRS (International Financial Reporting Standards) Financial Statements als auch für die nichtfinanzielle Berichterstattung.

Für die UN (United Nations) steht eine transparente Offenlegung ebenfalls an oberster Stelle.

Eine UN High Level Expert Group hat am 8. November 2022 im Rahmen des COP 27 ihren Bericht „Integrity matters: Net zero commitments by businesses, financial institutions, cities and regions” veröffentlicht[11]. Der Report kritisiert stark das sogenannte „Greenwashing“, dass also Unternehmen gezielt Schlupflöcher in den bestehenden Kriterien und Benchmarks ausnutzen, um unechte Net-Zero-Ziele festzulegen.

“The problem is that the criteria and benchmarks for these net-zero commitments have varying levels of rigor and loopholes wide enough to drive a diesel truck through. We must have zero tolerance for net-zero greenwashing.”[12]

António Guterres, COP 27, 8 November 2022

Der Bericht erläutert mehrere No-Gos in Bezug auf die Festlegung von Net-Zero-Zielen:

  • Unternehmen dürfen nicht behaupten, dass sie ihr Net-Zero-Ziel erreicht haben, während sie weiterhin neue fossile Brennstoffe bauen oder in diese investieren.
  • Der Erwerb von Carbon Credits darf die unmittelbare Reduzierung der Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette nicht ersetzen.
  • Unternehmen dürften sich nicht auf die Reduzierung ihrer Emissionsintensität, anstatt auf die ihrer absoluten Emissionen konzentrieren. Ebenso dürfen sie nicht nur einen Teil der Lieferketten beachten, anstatt die Emissionen der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 1, 2 und 3) zu betrachten.
  • Net-Zero-Initiativen sollten zukünftig nicht freiwillig sein, sondern verpflichtend und geregelt.

Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Setzung von Net-Zero-Zielen ein zentrales Element der Dekarbonisierungsstrategie darstellt, und mit einer Reihe an Herausforderungen kommt. Einerseits bedarf es einer komplexen und gut durchdachten Strategie, um die Erreichung solcher Ziele sicherzustellen. Andererseits gibt es viele Fettnäpfchen und No-Gos, die von den Unternehmen zu beachten sind. Somit wird das Thema Net-Zero Unternehmen noch über einen langen Zeitraum beschäftigen und begleiten.

[1] Download (efrag.org) ESRS E1 paragraph 32(d)

[2] Bilanzrichtlinie Art 19a und 29a

[3] Bilanzrichtlinie Art 7

[4] Bilanzrichtlinie 40a

[5] Bilanzrichtlinie Art 48a

[6] ESRS E1 Appendix B AR27 (Download (efrag.org))

[7] SBTI CORPORATE NET-ZERO STANDARD CRITERIA

[8] How it works - Science Based Targets

[9] Net Zero Initiative (net-zero-initiative.com)

[10] ESMA (October 2022) ESMA32-63-1320; Public Statement, European common enforcement priorities for 2022 annual financial reports

[11] high-level_expert_group_n7b.pdf (un.org)

[12] Secretary-General's remarks at launch of report of High-Level Expert Group on Net-Zero Commitments [as delivered] | United Nations Secretary-General

Über die Autorin

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Katharina Schönauer ist Senior Managerin bei KPMG. Ihr Schwerpunkt ist die Prüfung und Beratung nichtfinanzieller-/Nachhaltigkeitsberichterstattung österreichischer Unternehmen.

Veranstaltungstipp

RECON 11. / 12. Mai 2023, Loipersdorf

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