CLM in einer multinationalen Rechtsabteilung implementieren - ein Gespräch mit Tobias Himmelreich
Business Circle: Eingangs um Ihr Unternehmen dem Publikum der RuSt vorzustellen: Wo wurde DiliTrust gegründet und seit wann sind Sie in Europa am Markt?
Tobias Himmelreich: DiliTrust wurde vor über 20 Jahren in Paris gegründet und ist ebenso lange im europäischen Markt präsent. Neben unserem Sitz in Frankreich haben wir Büros in Mailand und Madrid. Seit anderthalb Jahren leite ich DiliTrust GmbH und betreue Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
BC: Offenes Mindset, Lust am Experimentieren, Fehlerkultur: Was können Juristen von den ITlern am besten lernen?
Himmelreich: Das ist eine gute Frage. Für mich wäre die Antwort Mut zur Veränderung – oder Change in Neudeutsch. In einer Welt, die von digitaler Transformation geprägt ist, müssen auch traditionellere Geschäftsbereiche bereit sein, Prozesse und Arbeitsweisen in Frage zu stellen und Wege und Tools suchen, diese zu optimieren. Dazu gehören Software-Lösungen, z.B. für Contract Lifecycle Management.
BC: Wo treten typischerweise bei der Implementierung eines CLM die größten Probleme auf, wie kann sich eine Rechtsabteilung im Vorfeld eines Implementierungsprojektes am besten vorbereiten?
Himmelreich: Die erfolgreiche Implementierung einer CLM-Lösung hängt von zwei großen Faktoren ab: dem Tool als solchem und der Annahme durch die potenziellen Nutzer – womit wir wieder beim Thema Change wären. Es ist unabdingbar, die Mitarbeiter der Rechtsabteilung für digitale Transformation zu gewinnen. Aber zurück zu den technischen Aspekten und zum Tool: Hier ist es wichtig, eine Lösung zu wählen, die meine Use Cases und Anforderungen gut abdeckt und deren Einrichtung und Nutzung einfach und intuitiv ist, wie das bei der gesamten DiliTrust Suite und unserem CLM-Modul der Fall ist.
BC: Was sind die Quick-wins bei einem automatisierten Contract Lifecycle Management, wo ergeben sich Effizienzgewinne und Kostenersparnisse und wie lange dauert es durchschnittlich, bis sich die Implementierung „rechnet“?
Himmelreich: Zu den Quick-wins gehört eindeutig die Möglichkeit, Vertragsvorlagen zu erstellen. Andere Abteilungen wie z.B. Einkauf und Vertrieb können über gesteuerte Vorlagen Verträge selbst erstellen. Dadurch wird die Rechtsabteilung entlastet und Fachabteilungen können schneller die erforderlichen Standarddokumente erstellen. Effizienzgewinne und Kostenersparnisse sind abhängig von den konkreten Use Cases. Generell kann man aber sagen, dass sich ein CLM desto mehr lohnt, je mehr Standard-Dokumente wie z.B. NDAs erstellet werden. Ein weiterer interessanter Aspekt, den ein CLM unterstützen kann, ist das Fristenmanagement. Eine verpasste Frist kann Pönalen oder automatische Vertragsverlängerungen nach sich ziehen, die die Kosten eines CLM um ein Vielfaches übersteigen können. Auch beim Suchen und Finden von relevanten Informationen kann ein CLM viel Zeit und Aufwand sparen. Das haben viele Unternehmen während der Pandemie gemerkt, als Verträge nach Force Majeure-Klauseln händisch durchsucht werden mussten.
Auch traditionellere Geschäftsbereiche müssen bereit sein, Prozesse und Arbeitsweisen in Frage zu stellen
BC: Welche besonderen Herausforderungen ergeben sich, wenn ein CLM-System in einer multinationalen Rechtsabteilung implementiert wird? Sowohl hinsichtlich verschiedener legislativer Hintergründe als auch interkulturell bedingter unterschiedlicher Herangehensweisen?
Himmelreich: Zu beachten ist hier, dass auch das gewählte Tool international aufgestellt ist, d.h. mehrere Sprachen unterstützt und auch der Kundenservice auf die lokalen Bedürfnisse eingehen kann. Ein weiterer Punkt ist die Flexibilität und eine einfache Konfiguration des CLMs. Innerhalb eines multinationalen Unternehmens müssen Landesgesellschaften in der Lage sein, Prozesse abzubilden und Verträge so zu managen, dass sowohl die lokalen als auch die Anforderungen aus der Zentrale berücksichtig werden. Das können spezielle Metadaten sein, die erfasst werden, oder individuelle Workflows bei der Prüfung und Freigabe von Verträgen. Darüber hinaus ist es hilfreich, wenn der CLM-Anbieter bereits Erfahrungen mit internationalen Rollouts und dem Management von zahlreichen Stakeholdern mitbringt. Bezüglich der rechtlichen Vorschriften spielt das Hosting eine besonders wichtige Rolle. Wo sind die Daten gespeichert? Und wie werden sie vor unbefugtem Zugriff geschützt? Der Anbieter muss gewährleisten, dass die Daten innerhalb des gegebenen Rechtsraums gespeichert und geschützt sind.
BC: Wie sammeln und verwenden Sie Feedback der User, um Ihr Produkt weiterzuentwickeln?
Himmelreich: Durch unsere langjährige Erfahrung in der Legal Tech kennen wir die Anforderungen von Rechtsabteilungen und Unternehmensjuristen gut. Darüber hinaus arbeiten unsere lokalen Customer Success-Teams eng mit unseren Kunden zusammen, sei es bei der Implementierung oder der Betreuung von laufenden Projekten. Wir führen in regelmäßigen Abständen Interviews mit Key Usern, sammeln strukturiert neue Ideen und Anforderungen und priorisieren diese entsprechend in unserer Roadmap. So kennen wir die Bedürfnisse des Marktes genau und können unsere Tools dahingehend weiterentwickeln. Ein gutes Beispiel ist unser neues KI-Feature DiliChat, ein Chatbot, der speziell auf die Bedürfnisse von Governance und Rechtsaktivitäten zugeschnitten ist.
BC: Abschließend: DiliTrust war ja schon im Frühjahr 2024 bei der Vienna Legal Innovation mit dabei, möchten Sie Ihren Eindruck von dieser Konferenz mit uns teilen?
Himmelreich: Die Konferenz war ein wichtiges Event für uns. In Österreich gibt es viele spannende Unternehmen, mit denen wir bereits zusammenarbeiten oder gerne zusammenarbeiten möchten. Die digitale Transformation von Rechtsabteilungen liegt uns natürlich am Herzen und Ihre Konferenzen helfen, diese Thematik voranzutreiben, mit interessanten Vorträgen und wertvollem Networking. Wir freuen uns schon auf die nächste Ausgabe!
BC: Vielen Dank für den interessanten Austausch, wir freuen uns, auf der RuSt wieder Ihr Gastgeber sein zu dürfen!
Tobias Himmelreich ist Sales Director bei DiliTrust in München, Trainer und Lecturer. DiliTrust bietet Juristen eine umfassende Governance-Plattform, die speziell für die Verwaltung von juristischen Prozessen entwickelt wurde, einschließlich Vertragsmanagement, Unternehmensverwaltung und Rechtsstreitigkeiten. Mehr dazu im Oktober auf der RuSt.