• Nachhaltiges Bankwesen in Aktion: Ein Gespräch mit Markus Ecker, RBI

Markus Ecker, Head of Sustainable Finance in der RBI, erklärt im Interview, warum alle „ganz narrisch“ auf Sustainable Finance sind und was nachhaltige Finanzprodukte mit der Zufriedenheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun haben.

Herr Ecker, Sie haben bei der Vorbesprechung dieses Interviews gemeint, dass derzeit alle „ganz narrisch“ auf Sustainable Finance sind. Warum eigentlich?
Markus Ecker: Weil es die geschäftlichen Aspekte mit einem guten Zweck verbindet. Grundsätzlich ist es für alle Personen in der Bank, aber auch für alle unsere Kund:innen und Investor:innen sehr attraktiv, wenn man über das Geschäft einen positiven Effekt für die Umwelt oder die Gesellschaft erzielen kann. Ein Teil der Definition von Sustainable Finance ist es, eine Finanzierung für einen nachhaltigen Zweck auf die Beine zu stellen. Die Errichtung eines Windparks beispielsweise, oder eines besonders energieeffizienten Gebäudes. Ein anderer Teil unseres Produktspektrums sind Produkte, die auf ein Nachhaltigkeitsverhalten des Kunden abzielen, indem zum Beispiel die Höhe der Marge damit verbunden wird, dass der Kunde ein gewisses Nachhaltigkeitsziel erreicht.

Das heißt, die Bank ist quasi erzieherisch tätig und präsentiert Lösungen, wie der Kunde im Bereich Nachhaltigkeit besser werden kann.
Markus Ecker: Ja genau, das ist ein wesentlicher Teil unserer Beratung, den Kunden erst einmal aufzuklären, was Best Practice ist, wo er eventuell Defizite im Vergleich dazu hat und was er tun kann oder muss, um hier die Markterwartungen zu erfüllen. Die Banken machen das aus mehreren Motiven heraus. Erstens, weil es gut ist für das Geschäft. Nicht nur im Sinn von Geschäftsabschluss, sondern auch betreffend die langfristige Kundenbeziehung. Wir glauben, dass ein Kunde, der sich mit der Umwelt und mit sozialen Aspekten, mit Nachhaltigkeit beschäftigt, auch wirtschaftlich nachhaltig ist und damit für die Bank ein besseres Risiko darstellt. Der zweite Aspekt ist die Rolle, die uns die Politik auf europäischer Ebene gegeben hat. Die Europäische Kommission hat sehr viel Energie investiert, um zu definieren, was eine nachhaltige Transaktion ist. Das ist die sogenannte EU Taxonomie. Und gleichzeitig wurden Kennzahlen definiert im Zusammenhang mit dem Anteil an nachhaltigen Assets im Portfolio einer Bank. Wir machen das also nicht aus reinem Eigennutz, sondern helfen damit, europaweite Ziele zu erreichen und erfüllen die Vorgaben des Regulators.

Also eine Win-win-win-Situation, bei der alle Banken mitmachen (müssen). Welchen besonderen Vorteil bei Beratung und Produkten kann das für Bankkunden bieten?
Markus Ecker: Das ist richtig, es machen alle. Unser Vorteil ist, dass wir in der Lage sind, den Kunden besser zu beraten als andere, insbesondere in Osteuropa oder den Nicht-EU-Ländern. Hier haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, weil wir die lokalen Besonderheiten und die Marktverhältnisse besser kennen als andere. Und wohl auch, weil wir das Thema proaktiv aufbringen. Wir trafen in Rumänien einen Kunden, ein Recyclingunternehmen, dessen Geschäftsführer auf jeder Panel-Diskussionen im Land zum Thema Nachhaltigkeit vertreten war, weil ihn das Thema persönlich interessiert. Alle wussten also, dass Nachhaltigkeit sein Thema ist. Und dennoch waren wir die erste Bank, die mit ihm ernsthaft über das Thema Nachhaltigkeit geredet hat. Keine Frage, dass das unserer Position gut getan hat.

Das ESG Advisory ist also oft Türöffner für Product Sales.
Markus Ecker: Das eine geht idealerweise ins andere über. ESG Advisory ist ein sehr gutes Instrument zur Stärkung der Kundenbeziehung, das oft zum Abschluss eines Finanzierungsprodukts mit Nachhaltigkeitskomponente führt. Meine Kolleginnen und Kollegen verstärken damit die Sales-Teams in allen Geschäftsbereichen der RBI. Aber nicht nur das, wir beraten eben den Kunden auch in Sachen Nachhaltigkeit und weisen gegebenenfalls auf Defizite hin.
Wie erleben Sie es: Sind Unternehmen in der Regel eher sattelfest beim Thema Nachhaltigkeit oder noch am Beginn ihres Weges?
Beides, wobei der Schwerpunkt immer mehr bei Kunden ist, die ins Detail gehen wollen. Das ist auch grundsätzlich unsere Stärke, den wenigsten Kunden müssen wir Basiswissen vermitteln. Das war vor zwei oder drei Jahren noch hie und da ein Thema, aber heute gehen die Gespräche mit unseren Expert:innen schon sehr auf die konkreten und definierten Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens ein.

Was unterscheidet die RBI vom Wettbewerb betreffend Analysefähigkeit und Produktwissen?
Markus Ecker: In erster Linie, dass wir Kolleginnen und Kollegen haben, die das schon jahrelang machen und sich mit dem Thema beschäftigt haben, als es noch nicht en vogue war. Beim Advisory für Financial Institutions haben wir den großen Vorteil, dass unsere Kunden von Kolleg:innen beraten werden, die schon Grüne Anleihen für die RBI strukturiert haben. Es macht einen Unterschied, wenn du bei der Strukturierung des ersten Green Bond für die RBI involviert warst und persönlich alle Erfahrungen gemacht hast, die auch der Kunde zu erwarten hat.

Apropos Bonds: Kann man grob eine Trennlinie ziehen zwischen Green Bonds und Green Loans insofern, als erstere für Financial Institutions und letztere für Corporates gedacht sind?
Markus Ecker: Nein, es gibt hier keine grundsätzlichen Unterschiede. Grüne Anleihen begeben beide Kundengruppen, bei den Corporates natürlich nur die großen Unternehmen. Für Banken ist ein Bond das typische Refinanzierungsinstrument, während die Firmenkunden eher den klassischen Kredit mit seinen diversen Ausprägungen in Anspruch nehmen und sich eher über diese Schiene finanzieren. Ein Green Bond ist ein Refinanzierungsinstrument, die Basis, für die Finanzierung von grünen Projekten. Der Emittent nimmt Geld auf mit dem Versprechen an die Investoren, die Mittel für ganz bestimmte nachhaltige Kategorien zu verwenden.

Kriterien für Sustainable Loans

Und was macht einen Kredit „sustainable“?
Markus Ecker: Wenn der Kredit für klimafreundliche bzw. soziale Projekte verwendet wird oder die Bank z. B. die Höhe der Kreditmarge mit dem Nachhaltigkeitsverhalten des Kunden verbindet, wie zum Beispiel Reduktion der CO2 Emissionen. Sprich, die Marge reduziert sich, wenn die vordefinierten Key Performance Indicators (KPI) übererfüllt werden. Die Herausforderung bei diesem Produkt ist, dass man immer den kundenspezifisch richtigen KPI definieren muss. Das ist Teil unserer Beratung, und da kann es durchaus zu Meinungsverschiedenheiten kommen, die wir aber in aller Regel gut ausdiskutieren können. Wir versuchen, materielle KPI zu vereinbaren mit verifizierbaren Ausgangs- und Endpunkten. Im Endeffekt geht es dem Kunden nicht um ein paar Basispunkte auf oder ab, das macht das Kraut nicht wirklich fett, sondern dass er sich in die gewünschte Richtung weiterentwickelt.

Wie viele Sustainable Loans hat die RBI vergeben?
Markus Ecker: Das und vieles mehr kann man gut im Nachhaltigkeitsbericht nachlesen, den ich als wichtige Informationsquelle sehr empfehle. Es ist einer der besten seiner Art am Markt.

Sie haben eingangs die Expertise der Raiffeisen Bank International in CEE erwähnt. Was tun Sie zum Erhalt bzw. Ausbau dieses Fachwissens und Ihrer Position in der Region?
Markus Ecker: Wir haben im Rahmen des ESG Competence Center schon sehr früh ein Netz an „ESG Ambassadors“ in den Netzwerkbanken aufgebaut. Es arbeiten heute in jedem Land Leute, die für das Thema brennen und es intern wie extern weitertragen. Und wir schulen konzernweit mehr als 1.000 Kolleginnen und Kollegen pro Jahr. Letztendlich steigern wir unsere Kompetenz auch durch die Vorgabe, dass möglichst alle Netzwerkbanken eigene Green Bonds begeben sollten. Dass das Thema Green Bonds in CEE so stark präsent ist, ist sicherlich unser Verdienst über die Netzwerkbanken. Wir sind als Konzern der größte Green-Bond-Emittent in der Region. Und man darf nicht vergessen, dass eine grüne Investition in CEE einen weit größeren Hebel hat als in Westeuropa, weil beispielsweise der Energiemix viel schlechter ist.

Neben den geschäftlichen Aspekten, worin lag der größte Erfolg in den letzten Jahren?
Markus Ecker: Das Wichtigste ist, dass wir seit Ende März eine vom Vorstand genehmigte Climate and Environmental Business Strategie haben, die von Kolleginnen und Kollegen aus allen Vorstands- und Geschäftsbereichen erarbeitet wurde. Es ist schön zu sehen, dass hier alle an einem Strang ziehen. Dann die Integration von Retail ESG Strategy in die Abteilung Sustainable Finance. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass es nur Vorteile hat Know-how zusammenzuführen und ein zentrales Kompetenzzentrum zu schaffen. Unsere Kolleg:innen im Retail profitieren von den Erfahrungen, die wir im Corporate Banking gemacht haben, und wir können das Retail-Wissen nutzen, wenn wir Finanzinstitute beraten. Wir sehen uns daher als role model für „Think RBI“.

Abgesehen vom Geschäftspotenzial und den positiven Auswirkungen auf die Umwelt: Was treibt Sie an, was ist das Schöne an Sustainable Finance?
Markus Ecker: Mir gefällt besonders der Impact auf die Menschen, meine Kolleginnen und Kollegen. Sie verdienen nicht nur einfach Geld für die Bank, was ja ihre eigentliche Aufgabe ist, sondern sie sind in der schönen Position zu wissen, dass ihr Handeln, die von ihnen strukturierten Produkte, das weitergegebene Wissen einen langfristig und im wahrsten Sinn des Wortes nachhaltigen positiven Beitrag leistet. Es gibt dem beruflichen Tun einen Sinn, und das schätzen die Leute, die in diesem Bereich arbeiten, sehr. Das gilt natürlich auch für mich.

Dieses Interview wurde von Martin Schreiber, RBI geführt und erschien zuerst auf der Homepage der Raiffeisen Bank International

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