• ESRS-Reporting: Datengetriebene Nachhaltigkeitsberichterstattung

Von Bernhard Gehmayr, Fridtjof Sobanski, Maximilian Vallo, EY Wien: Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen u.a. Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistung verbessern und transparenter darüber berichten. Hier kommen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ins Spiel.

Die Berichterstattung nach den ESRS-Standards ist nicht nur ein Instrument, um den Nachhaltigkeitsfortschritt zu messen, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Transparenz. Durch die Berichterstattung können Unternehmen ihre Stakeholder darüber informieren, welche Maßnahmen sie ergreifen, um ihre Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern. Dies kann das Vertrauen der Stakeholder stärken und zu einer verbesserten Reputation führen.
Diese höheren Anforderungen an die Berichterstattung stellt aber auch eine Herausforderung für Unternehmen dar. Insbesondere die Datenerhebung und das Datenmanagement ist dabei ein Schlüsselelement. Dabei ist es wichtig die richtigen Datenpunkte zu identifizieren, standardisiert zu erheben und laufend zu überwachen.
Für alle als wesentlich identifizierten Nachhaltigkeitsthemen sind die dafür relevanten themenspezifischen Offenlegungsanforderungen aus den ESRS in der Berichterstattung aufzunehmen. Zusätzlich sind für diese Themen Informationen zu internen Richtlinien, Zielen und Maßnahmenplänen darzustellen. Besonders die klimabezogenen Angaben (ESRS E1) sollten nicht unterschätzt werden, denn hier sind zum Teil sehr ausführliche Berichterstattung notwendig.
Diese Herausforderungen und mögliche technologische Umsetzungsmöglichkeiten möchten wir im Folgenden näher beleuchten.

Reporting von klimabezogenen Angaben (ESRS E1)

Die klimabezogenen Angabepflichten des ESRS E1 bilden mit 220 von insgesamt 1144 Datenpunkten den größten Themenstandard der ESRS ab. Sie sind auch hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit einzigartig. So müssen Unternehmen, sollten sie im Zuge der Wesentlichkeitsanalyse zu dem Schluss kommen, dass das Thema für sie nicht wesentlich ist, eine detaillierte Begründung dazu vorlegen. Die zu berichtenden Daten des E1 reichen von den wesentlichen Klimarisiken und deren potenziellen finanziellen Auswirkungen über die im Betrieb und in der Wertschöpfungskette anfallenden Treibhausgasemissionen bis hin zu konkreten Reduktionszielen sowie -maßnahmen und den dafür geplanten finanziellen Aufwendungen.
Besonders bei der Treibhausgasbilanzierung ist es von großer Bedeutung, bereits von Anfang an auf ein strukturiertes und prüffestes Datenmanagement zu achten. Viele der Daten für die direkten Emissionen wie Energieverbräuche, lassen sich beispielsweise automatisiert über Schnittstellen zu Smartmetern erheben. Das hilft, einen verlässlichen Datenerhebungsprozess etablieren, der weniger anfällig für Fehler ist. Besonders komplex ist aber vor allem die Erhebung der vor- und nachgelagerten Emissionen in der Wertschöpfungskette der Unternehmen, die Scope 3 Emissionen. Hierfür sind Unternehmen vorgelagert auf die Daten von Lieferant:innen und nachgelagert auf Verbrauchsdaten von Kund:innen angewiesen. Auch wenn es für viele Unternehmen anfangs nicht möglich sein wird, für ihren gesamten Einkauf die Primärdaten der Lieferanten zu erhalten, so wird es doch langfristig ein Qualitätsmerkmal für Treibhausgasinventare darstellen. Das spiegelt sich auch in dem zu berichtenden Datenpunkt des Prozentsatzes der Emissionen, der anhand von Primärdaten von Lieferanten oder anderen Partnern in der Wertschöpfungskette berechnet wurde, wider. Unternehmen werden in Zukunft verstärkt auf die Erhebung dieser Daten direkt im Einkaufsprozess drängen und IT-Tools für diesen Prozess nutzen.

Offenlegung von klimabezogenen Risiken (ESRS E1)

Ein weiteres klimabezogenes Berichtselement, welches als idealer Anwendungsfall für die IT-gestützte Erhebung dient, ist die Identifizierung und Bewertung der klimabezogenen Risiken. Hier verlangt der Standard von Unternehmen, sich bei der Risikobetrachtung auf bestimmte Klimaszenarien zu beziehen, wie sie zum Beispiel vom IPCC in ihren Sachstandsberichten veröffentlich werden. Das Unternehmen hat die Risiken, die sich aus klimabedingten Gefahren ergeben, unter Betrachtung eines kurz-, mittel- und langfristigen Zeithorizonts zu bewerten und muss dabei sowohl Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß als auch die geografischen Koordinaten der jeweiligen Unternehmensstandorte berücksichtigen. EY hat für diesen Anwendungsfall mit EY CAP (Climate Analytics Platform) bereits ein webbasiertes Tool entwickelt, welche diese Klimaszenarien nutzt und standortgenaue Risikoanalysen ermöglicht und so Unternehmen hilft, die Anforderungen der ESRS und auch der EU-Taxonomie unkompliziert zu erfüllen.
ESG-Datenmanagement wird in Zeiten zunehmender regulatorischer Anforderungen für Unternehmen immer unerlässlicher. Dabei lohnt es sich die unterschiedlichen Dimensionen dieser Materie etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Prüffestes & effizientes ESG-Datenmanagement

Das ESG-Datenmanagement bildet die Basis für ein professionelles Nachhaltigkeitsreporting und umfasst verschiedene Bereiche, um den Umgang mit ESG-Daten audit-fähig und effizient zu gestalten. Unter dem ESG-Datenmanagement sind folgende Dimensionen zu verstehen: die Integration in die Unternehmensstrategie, Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsthemen, Reportingprozesse, Data Governance, IT- und Systemlandschaft sowie die interne und externe Kommunikation zu Stakeholdern. All diese Aspekte sollten sorgfältig mitgedacht und umgesetzt werden, um ein erfolgreiches ESG-Datenmanagement zu gewährleisten.

EY Daten Management

Für die langfristige Verankerung der Nachhaltigkeitsziele in die Unternehmensstrategie, wird es zukünftig wichtiger, dies auch als wesentlichen Bestandteil des ESG-Datenmanagements zu sehen. Wenn die Ziele beider Themen, die der Nachhaltigkeit und die der Digitalisierung in dieselbe Richtung gehen, kann für die Unternehmen und die Gesellschaft Mehrwert geschaffen werden. Neben der Integration in die Unternehmensstrategie ist es wichtig, ein klares Verständnis von der Komplexität der Nachhaltigkeitsdaten zu erlangen und im Unternehmen entsprechendes Wissen aufzubauen, um die aufkommenden Fragestellungen beantworten zu können. In diesem Zuge ist es auch wichtig, die verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen in den Unternehmensalltag zu integrieren, damit die unterschiedlichen Berichtsprozesse im Unternehmensgefüge standardisiert und zentral gesteuert werden können.
Die Data Governance stellt eine weitere Herausforderung dar. Hierbei geht es im Wesentlichen um die Sicherstellung der Datenqualität, die Einführung transparenter Prozesse sowie die Etablierung effektiver Kontrollmechanismen. Essenziell im ESG-Datenmanagement ist auch die Berücksichtigung der vorhandenen IT- und Systemlandschaft und eine Abstimmung der Datensysteme, um die Qualität und Verfügbarkeit der Datenquellen zu fördern. Zudem kann die klare Kommunikation von Nachhaltigkeitszielen nach innen an die Mitarbeitenden und nach außen an die Lieferant:innen und Kund:innen zur langfristigen Erfolgssicherung des Unternehmens beitragen. Insbesondere die Kommunikation nach außen stellt die Unternehmen derzeit vor große Herausforderungen, da sich diese Daten nicht im eigenen Wirkungsbereich befinden. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Erhebung von Daten, sowohl der eigenen als auch die von Dritten aber nicht nur eine technologische Hürde darstellt.

Umsetzung eines datengetriebenen Nachhaltigkeitsreporting

Die Umsetzung des Nachhaltigkeitsreportings ist erfahrungsgemäß zu einem großen Teil auch ein Organisations- und Prozessthema. Eine gezielte Erhebung relevanter Kennzahlen ist von großer Bedeutung und um valide Kennzahlen zu ermitteln, ist die Einbindung verschiedener Personen relevant. Klar definierte und dokumentierte Prozesse fördern dabei die Nachvollziehbarkeit für alle Stakeholder und erleichtern die Durchführung. Die Technologie ist dabei meist erst die zweite Frage, die gestellt werden sollte. Zur Umsetzung einer geeigneten Nachhaltigkeitsberichterstattung sollten zuerst Prozesse und Organisationsstrukturen in den Fokus gestellt werden.
Die Festlegung von Verantwortlichkeiten im Organisationsgefüge und die Definition von Prozessen sind wesentliche Aufgaben, um die richtigen Daten in der gewünschten Qualität und zum erforderlichen Zeitpunkt zu erhalten. Damit kann gewährleistet werden, die benötigten Kennzahlen im Nachhaltigkeitsbericht Regulatorik-konform zu kommunizieren. Erst im Anschluss daran sollte eine geeignete Technologie ausgewählt werden. Dies bewahrt die Unternehmen auch davor, dass ursprünglich schlecht aufgesetzte Prozesse digitalisiert werden. Denn ein ineffizienter manueller Prozess bleibt auch ein ineffizienter Prozess, wenn dieser digital umgesetzt wurde. Sobald eine passende Struktur im Unternehmen etabliert ist, können weitere Technologien wie die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung angedacht werden, um das Nachhaltigkeitsreporting entsprechend transparenter und effizienter zu gestalten.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im EY Finance & Performance Magazin (Dezember 2023) veröffentlicht

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Die Autoren: Bernhard Gehmayr, Fridtjof Sobanski, Maximilian Vallo, EY
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