Erneuerbare Energie in Österreich: Nicht nach dem Staat rufen, sondern selbst ins Handeln kommen
Am 20. Juni eröffneten Petra Koller-Lechleitner und Moritz Mirascija die Premiere des "Renewables meet Industry Exchange". Mit 30 Vortragenden in 8 Stunden bot das Programm eine intensive Agenda, und nahezu 90 Teilnehmer:innen starteten energiegeladen in die Konferenz. Franziska Graf, die bereits den Business Circle ESG-Summit moderierte, übernahm die Moderation und führte durch die Eröffnung.
Die Notwendigkeit der Energiewende ist in der Industrie angekommen, nur braucht es mehr Koordinierung und Austausch zwischen verschiedenen Stakeholdern, allen voran Politik und Industrie.
(Franziska Graf)
Eröffnungs-Keynote: Erforderliche Infrastruktur zur Erreichung der österreichischen Energie- und Klimaziele, Günter Pauritsch, Österreichische Energieagentur
Österreich hat ambitionierte Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien, jedoch stellt sich die Frage nach ihrer Realisierbarkeit. Herr Pauritsch zeigte sich erfreut, auf der Konferenz zu sprechen, da viele relevante Stakeholdergruppen anwesend waren. Als ein führendes Land in der Nutzung von erneuerbaren Energien – insbesondere Wasserkraft – sieht sich Österreich bereits gut positioniert. Der Ausbau muss jedoch vorrangig in den Bereichen Windenergie und Photovoltaik sowie bei Biomasse fortgesetzt werden, obwohl letztere ein deutlich geringeres Potenzial aufweist. Die im Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien festgelegten Ziele könnten unzureichend sein, falls der Trend zur Elektrifizierung in den Sektoren Heizung und Mobilität weiter zunimmt.
Es genügt nicht, nur Wind- und Solarparks zu errichten; auch die Infrastruktur für Verteilung und Speicherung muss erweitert werden. Die Speichertechnologie bleibt dabei eine der größten Herausforderungen. Herr Pauritsch präsentierte den integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan, der aufzeigt, wie die Ziele bis 2030 und 2040 erreicht werden könnten. Der Krieg in der Ukraine und der Wegfall von russischem Gas haben in Mittel- und Westeuropa zu einem Innovationsschub in Richtung grüner Energie geführt. Glücklicherweise waren die letzten beiden Winter vergleichsweise mild. Geschwindigkeit ist nun entscheidend für den Erfolg, da die Zeit gegen uns arbeitet.
Paneldiskussion: "Stärkung des Industriestandorts Österreich durch nachhaltige Energietransformation"
Mit Philipp Kamaryt/ Enery, Siegfried Nagl/ Energie-Sonderbeauftragter der WKÖ, Martina Prechtl-Grundnig/ Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), Karl Schäcke/ ASTA Energy Solutions, Wolfgang Urbantschitsch/ E-Control und der Moderatorin Gabriela Maria Straka/ respACT war das Panel vielfältig und ausgeglichen besetzt.
Durchs reden kommen die Leute zusammen, hier einige Keypoints aus der Diskussion:
• Energieziele müssen auf konkrete Maßnahme heruntergebrochen werden, um sie erreichen zu können.
• In einem globalen Konzern muss der CFO seinem Aufsichtsrat erklären, warum man gerade in Österreich investieren sollte, und da können wir mit grüner Energie punkten, auch wenn wir erst auf halbem Weg dorthin sind.
• Leider sind Photovoltaik und Wind noch nicht so konstant wie die Wasserkraft aus der Donau.
• Wieder typisch österreichisch ist es allerdings, dass in der Steiermark schon sehr viel gemacht wurde (siehe unten), in anderen Bundesländern aber noch nicht sehr viel.
• Es ist nicht so, dass der Staat nur mehr Geld in die Projekte pumpen muss und dann wird alles von selbst besser. Es braucht die Innovationskraft und die Kreativität der Unternehmen und der Staat muss den Unternehmen die Freiräume lassen, innovativ und kreativ zu sein.
• Durchs reden kommen die Leute zusammen, aber durchs handeln wird man erfolgreich.
Project Green – Best Practice Beispiele aus CO2-intensiven Industrien
Andreas Drescher und Thomas Goschau verantworten den Energieeinkauf bei RHI Magnesita, einem hidden Champion aus Österreich, der weltweit führender Anbieter für feuerfeste Materialien ist. Christopher Ehrenberg ist Technischer Leiter bei Rohrdorfer, einem führenden Zementherstelle und Sebastian Spaun Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie
Neben der Herstellung feuerfester Materialein ist es vor allem auch die Zementindustrie, die energieintensiv ist, viel CO2 erzeugt und auf die man nicht so einfach verzichten kann. Vorreiter in den Unternehmen haben schon vor 30 Jahren angefangen, sich Gedanken über Umweltschutz zu machen wie zum Beispiel mit Müllheizkraftwerken zu kooperieren oder im Sinne einer Kreislaufwirtschaftaus Bauschutt wieder neuen Zement herzustellen. Österreich ist Weltspitze in der Umweltverträglichkeit. Wo in Österreich noch ein Tonne CO2 entsteht, fällt bei der Herstellung vergleichbarer Produkte weltweit im Durchschnitt das vier- bis fünffache an. Aber unsere Produkte brauchen einen rigorosen staatlichen Schutz vor Öko-Dumping und Produkten, die deutlich billiger sind, weil sie eben aus Ländern kommen, die sich weniger um Umweltstandards kümmern.
Was braucht die Industrie von der Politik? Die letzten 25 Jahre haben viele Umweltministerinnen und -minister kommen und gehen gesehen. Und nicht alle von diesen haben verstanden, wie Industrie funktioniert und wieviele Arbeitsplätze und welcher Wohlstand daran hängt. Klimaschutz ist harte Arbeit, kostet viel Geld und bräuchte verlässliche Partner in der Politik. Bei der Eröffnung eines neuen Solarparks schneidet jeder Politiker gerne bunte Bandeln durch, viel wichtiger ist es aber, vernünftige Rahmenbedingen zu schaffen und das geht nicht immer reibungslos.
Die gelungene Premiere und die inspirierenden Use-Cases aus der Industrie zeigten den starken Innovationsdrang der österreichischen Wirtschaft. Bis zur nächsten Durchführung am 12./13. Juni 2025 gilt es, konstruktives Feedback zu sammeln und das Format sowie die Community weiter zu entwickeln.
Zur Homepage des Renewables meet Industry Exchange
Weiterlesen:
Im Vorfeld der Konferenz haben viele der Vortragenden schon Ihr Wissen in Form von Beiträgen zu unserem Nachhaltigkeits-Blog geteilt:
Im Blick auf die Energiewende die Position der Industrie nicht außer Acht lassen: Andreas Traugott im Gespräch
Masterplan Grüne Energie 2040 bei der Energie Steiermark
Erneuerbare Energie in Österreich: Interview Martina Prechtl-Grundnig
Renewables meet Industry: Weil Dekarbonisierung mehr als ein Schlagwort ist
Fit4Green – mit Strategie zur Dekarbonisierung
Vor- und Nachteile der Energietransformation – ein Gespräch mit DI Walter Boltz
Highlights Sustainability bei der Lenzing AG
Wie Österreich den Ausstieg aus fossilem Gas meistern könnte