Business Circle: Sehr geehrte Frau Dr. Reiher, sehr geehrte Frau Dr. Trautmann, vielen Dank für Ihre Bereitschaft, im Vorfeld des AML-Lehrganges mit uns zu sprechen. Eingangs etwas Persönliches: Sie sind stellvertretende Geldwäschebeauftragte bzw. Geldwäsche- und Compliance-Beauftragte in je einem großen Finanzinstitut, können Sie uns kurz skizzieren, wie Ihr Weg dorthin verlaufen ist?
Angelika Trautmann: Ich habe Rechtswissenschaften in Wien studiert und nach meinem Studium 4 Jahre in einer österreichischen Kommerzbank gearbeitet. Danach habe ich die Rechtsanwaltsausbildung abgeschlossen, den Beruf als selbständiger Rechtsanwalt aber nie ausgeübt sondern bin ich in das Bankgeschäft zurückgegangen, wo ich zunächst in der österreichischen Tochtergesellschaft einer amerikanischen Bank hauptsächlich juristische Tätigkeiten ausgeübt habe. Im Zuge dieser Tätigkeit habe ich mich aber mehr und mehr auch mit dem Thema Compliance auseinandergesetzt, was mich dann letztendlich zur Geldwäscheprävention in der BAWAG P.S.K. geführt hat, wobei ich mich mit dem Thema intensiv seit 2009 beschäftige.
Sonja Reiher: Ich habe Rechtswissenschaften in Graz studiert. Nach einer verlängerten Gerichtspraxis habe ich in eine Grazer Rechtsanwaltskanzlei gewechselt und war dort Konzipientin. Während meiner Ausbildungszeit habe ich ein interessantes Angebot in einer Bank bekommen - ich habe die Gelegenheit bekommen ein 1 1/2 jähriges Trainee Programm in einer Bank zu absolvieren. Das habe ich angenommen und so hatte ich die Chance, ohne genau zu wissen, wohin mich mein Weg danach hinführt, die Bank in ihren unterschiedlichen Facetten kennen zu lernen. Wie ich danach festgestellt habe, war das eine wichtige und wertvolle Erfahrung. Mit dem Thema der Prävention von Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierung bin ich seit 2006 beschäftigt, da ich damals zur Geldwäsche-Beauftragten bestellt wurde. In der Raiffeisen-Landesbank Steiermark AG bin ich seit 2009 Geldwäschebeauftragte und Leiterin des Konzern-Compliance Office inkl. Betreuung der steirischen Raiffeisenbanken in Fragen der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Seit 2017 leite ich zusätzlich das in der RLB Stmk angesiedelte Kompetenzcenter Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung der der Raiffeisensektorbanken.
BC: Was hat Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn am meisten überrascht, als Sie begonnen haben, sich mit Geldwäsche zu beschäftigen?
Trautmann: Die Vielfältigkeit mit der man Geldwäscherei betreiben kann und welche kriminelle Energie aufgewendet wird, um illegale Gelder rein zu waschen. Es werden da keine Kosten und Mühen gescheut.
Reiher: Das Thema Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung erscheint auf den ersten Blick ein sehr eingeschränktes und punktuell vorkommendes Thema zu sein. Das ist ein Irrtum. Wenn man Prävention von Geldwäscherei betreibt, muss man in zahlreiche Bankprozesse eingreifen - das Thema ist ein Querschnittsthema. Und dann kommt da auch noch die kriminelle Energie von Menschen dazu.
BC: Welches Mindset, welche Philosophie versuchen Sie innerhalb Ihrer Institute zu implementieren, um möglichst große Awareness für den ganzen AML-Komplex zu schaffen?
Trautmann: Ich versuche möglichst viel durch Schulungen und durch Beispiele in persönlichen Gesprächen zu erreichen. Die meisten Mitarbeiter können sich unter dem Thema theoretisch wenig vorstellen. Erst wenn man anhand von Beispielen erklärt warum eine Maßnahme sinnvoll ist oder was passieren kann, wenn man auf gewisse Dinge nicht achtet, dann wird es von den Mitarbeitern verstanden. Die Meisten finden dann die Materie sogar äußerst spannend.
Reiher: Die Philosophie lautet "Tone from the Top". Das ist meiner Meinung nach ein wichtiger Grundsatz, denn wenn dieser gelebt wird, funktioniert auch die Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsprävention. Praxisnahe Face-to-Face-Schulungen sowie die interne Kommunikation sind mir persönlich auch ein wichtiges Anliegen.
„Geldwäscherei ist so alt wie das Tauschmittel Geld“
BC: Schon im alten Rom gab es unsaubere Geschäftspraktiken. Denken Sie, dass man das Problem „Geldwäsche" jemals in den Griff bekommen wird? Welche Rolle könnten dabei Digitalisierung und künstliche Intelligenz spielen?
Trautmann: Nein Geldwäscherei ist so alt wie das Tauschmittel Geld. Man kann es nur den Tätern möglichst schwer machen und durch rasches Reagieren versuchen, so viel wie möglich zu verhindern. Künstliche Intelligenz und Digitalisierung wird auch hier mehr und mehr eine Rolle spielen. Es gibt bereits Beispiele, wo sich Banken eines Landes zu einer gemeinsamen zumindest Teilüberwachung der Zahlungsströme zusammenschließen. Dort liegt auch nach meinem Dafürhalten die Zukunft einer effizienten Überwachung des Zahlungsverkehrs.
Reiher: Künstliche Intelligenz wird meiner Meinung nach im Zusammenhang mit dem Aufdecken von "verdächtigem Verhalten" ein wichtiges Instrument werden, zumal damit im Rahmen der Überwachung des Zahlungsverkehrs effizient auffällige Muster, hinter denen möglicherweise Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsgründe stecken, aufgezeigt werden können. Geldwäsche wird man als Ganzes allerdings nicht aus der Welt schaffen können, dafür gibt es viel zu viel kriminelle Energie und von der Geldwäsche profitieren noch immer viel zu viele. Das Thema ist sehr komplex! Was allerdings möglich ist, ist dass es den "Geldwäschern" schwerer gemacht wird.
BC: Auf der anderen Seite: Ohne Technischen Fortschritt und Digitalisierung wären Kryptowährungen nicht möglich, wo sehen Sie hier die größte Gefahr im Bereich Geldwäscheprävention?
Trautmann: Kryptowährungen sind zunächst kein geregeltes Zahlungsmittel und es gibt einen ungeheuren Wildwuchs. Sie werden auch unbestrittener Weise im Darknet als Zahlungsmittel eingesetzt. Die Europäische Union hat jetzt erste Schritte für Kryptowährungsanbieter innerhalb der EU gesetzt. Aber da stehen wir sicher noch am Anfang. Das Thema gehört weltweit geregelt.
Reiher: Kryptoassets sind kein geregeltes Instrument und daher werden Kryptoassets auch nur sehr eingeschränkt überwacht. Daher können Krytoassets einerseits zu Betrugs- und anderseits zu Geldwäschezwecken missbrauch werden.
BC: Daran anschließend eine Frage zur Bildungslandschaft: gibt es im den gerade im Bereich Geldwäsche genügend qualifizierten Nachwuchs?
Trautmann: Es gibt qualifizierten Nachwuchs, der hauptsächlich durch die Banken ausgebildet wurde. Es könnte in der Ausbildung des Nachwuchses sicher mehr gemacht werden, wobei diese Materie erst durch die Praxis wirklich zu leben beginnt. Das macht die Sache auch so schwierig. Eine theoretische Geldwäschepräventionsausbildung in Sinne eines Studiums oder eines Lehrgangs ist nicht ausreichend um ein guter Investigator zu sein. Abgesehen davon braucht man auch einen gewissen Instinkt, den nicht jeder hat. Es eignet sich auch nicht jeder zum Mitarbeiter der Kriminalpolizei.
Reiher: Ja, es gibt viele junge Kolleginnen und Kollegen, die sich mit dem Thema Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung intensiv auseinandersetzen. Viel wird in der Bankenpraxis gelernt und das in der Praxis erlernte wird in weiterer Folge durch ein umfangreiches Bildungsangebot ergänzt. Wenn ich Personal suche, gibt es immer viele gute Bewerbungen.
BC: Abschließend: Sie begleiten Business Circle ja nun schon seit vielen Jahren als Vortragende, möchten Sie uns mitteilen, welchen Eindruck Sie von unseren Veranstaltungen gewonnen haben?
Trautmann: Ich begleite diesen Lehrgang tatsächlich schon jahrelang und sind viele jüngere Kollegen auch durch meine Hände gegangen. Es macht mir Freude, dass so viele dabei geblieben sind und nun erstklassige Mitarbeiter in der Geldwäscheprävention in den diversesten Bank- und Versicherungsunternehmen sind. Die Veranstaltung ist daher für mich eine solide Basis der praxisgerechten Ausbildung und des Meinungsaustausches. Immer wieder spannende Diskussionen, die auch mich fordern.
Reiher: Ja, ich trage seit dem ersten Lehrgang vor und habe diesen im Rahmen der Erstdurchführung selbst besucht. Seit damals wurden viele Kolleginnen und Kollegen ausgebildet, die auch heute noch in diesem Bereich tätig sind und verantwortungsvolle Posten besetzen.
Der Lehrgang ist sehr praxisorientiert und gerade das ist der Mehrwert dieses Lehrgangs.
Sehr geehrte Frau Dr. Reiher, sehr geehrte Frau Dr. Trautmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch
Dr. Sonja Reiher ist Geldwäsche- und Compliance-Beauftragte der Raiffeisen- Landesbank Steiermark AG sowie Leiterin des gemeinsamen AML- und Compliance- Office der Raiffeisen-Landesbank Steiermark AG und der Landes-Hypothekenbank Steiermark AG.
Dr. Angelika Trautmann war von März 2009 bis Februar 2020 Abteilungsleiterin des Compliance Office bzw. der Abteilung Compliance-Geldwäsche in der BAWAG P.S.K. sowie Geldwäschebeauftragte Stellvertreter. Seit Anfang 2020 hat sie neben der Funktion des Geldwäschebeauftragten Stellvertreter die Funktion des Gruppenkoordinators für Geldwäscheprävention. Vor ihrer Tätigkeit für die BAWAG P.S.K. war sie Juristin im Bereich Legal & Compliance der damaligen GE Money Bank.
Zum Lehrgang „AML & Sanctions Officer”