• Wirtschaftskriminalitätsreport: Unbehagen der Wirtschaft wächst

Die Strafverfolgung der Wirtschaft wird härter. Wie sehen das Österreichs Unternehmen? Wie schätzen sie die Entwicklungen ein?
Im ersten petsche pollak Wirtschaftskriminalitätsreport auf Basis einer empirischen Studie des Linzer MARKET-Instituts wird ein wissenschaftlich fundiertes Bild zu diesen Themen präsentiert.

Seit etwa 20 Jahren schlägt das österreichische Wirtschaftsstrafrecht von einer eher laxen strafrechtlichen Verfolgungspraxis zu einer immer größer werdenden Härte aus.Woher kommt dieser Wandel? Neben einem immer stärkeren Einfluss der Institutionen der EU haben vor allem haben sich ändernde Wertvorstellungen in der Justiz und der Gesellschaft starken Einfluss auf die Verfolgungspraxis der Strafverfolgungsbehörden.Die über die Jahre veränderte Strafverfolgungspraxis trifft aber nicht nur natürliche Personen. In Österreich gibt es seit dem Jahr 2006 auch eine strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen. Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz wurde in den ersten Jahren noch eher zögerlich angewandt, stellt aber nunmehr einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil der Strafverfolgung in Wirtschaftsstrafsachen dar. Die im Rahmen dessen verhängten Strafen wirken zwar derzeit noch überschaubar, doch ein Blick nach Deutschland, wo eine ähnliche Rechtslage herrscht, zeigt, dass auch Vermögensabschöpfungen vorgenommen wurden, die zum Teil dreistellige Millionenhöhe erreichten.

Allein der Verdacht eines kriminellen Verhaltens kann - medial verbreitet - ein ganzes Unternehmen zerstören

Negative Nachrichten, Skandale scheinen die Öffentlichkeit aber mehr zu interessieren als Berichte über positive Geschehnisse. In Konsequenz weichen damit
aber die traditionellen und insbesondere die neuen sozialen Medien die Unschuldsvermutung auf. Auf das endgültige Urteil kommt es häufig nicht an. Früher oder später wird der Gesetzgeber aktiv werden müssen, um bei diesen Entwicklungen steuernd einzugreifen. Spätestens dann, wenn die Verantwortung für Sozial- und Umweltthemen in die Strafrechtspraxis Eingang findet. Bis dahin gilt es Vorsorge zu treffen, kritische Entscheidungen gut zu dokumentieren und erforderlichenfalls Resilienz zu bewahren.

Whistleblowing und Internal Investigations

Compliance-Abteilungen in Unternehmen werden immer weiter ausgebaut und die Anforderungen an Entscheidungsträger immer strenger. Auch sehen die jungen, nachfolgenden Fach- und Führungskräfte der Generation Y Vorstände nicht mehr als unantastbare Personen an. Bei Whistleblowing ist besonders das Compliance-Management gefordert, um die Rechte von Verdächtigen und Beschuldigten zu wahren und belastungsfähige Fakten für Aufarbeitung und effiziente Krisenkommunikation zu liefern. Neben der (wirtschafts-)strafrechtlichen Verteidigung wird eine gute Kommunikation ein immer wichtigeres Standbein der Corporate Defense, da bei einer viral gehenden Vorverurteilung in den sozialen Medien das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, auch wenn sich später vor Gericht die Unschuld erweisen sollte.

Die Studie des Linzer MARKET-Instituts

Insgesamt nahmen 167 Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger großer, mittlerer und kleinerer Unternehmen an der MARKET-Studie zum Thema „Wirtschaft und Strafrecht“ teil. Nicht nur große Unternehmen, sondern auch Österreichs Klein- und Mittelbetriebe wissen, dass Strafverfolgung und Medienberichterstattung für sie ein massives Problem werden kann.

Einige Erkenntnise aus der Studie

  • Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen beobachtet, dass in den vergangenen vier, fünf Jahren das Wirtschaftsstrafrecht strenger wurde
  • Die Unternehmen kritisieren zudem, dass bei der Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen nicht mit Augenmaß vorgegangen und zu rasch kriminalisiert wird
  • Als Gründe für die steigende Verfahrensanzahl werden unter anderem medialer Druck, weniger "Wegschauen" und die besseren Möglichkeiten zur Überwachung (Daten auslesen aus Handy oder Computer) angegeben.
  • CEO / Vorstand / Geschäftsführung sehen sich als besonders gefährdet an.
  • Viele Unternehmen in Österreich rechnen damit, dass sie in ein Verfahren mit schweren Konsequenzen für Image und Wettbewerbsfähigkeit schlittern können.
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Hier können Sie die gesamte Studie mit den detaillierten Ergebnissen herunterladen (pdf, 28 MB)

RA Mag. Simone Petsche-Demmel ist Partnerin von petsche pollak, einer führenden Boutique-Kanzlei für Wirtschaftsstrafrecht. Als Expertin für Wirtschaftsstrafrecht verteidigt sie sowohl Unternehmen als auch Geschäftsleiter in komplexen Wirtschaftsstrafprozessen und berät Unternehmen bei der Durchführung interner Untersuchungen und grenzüberschreitenden Streitigkeiten. Sie wurde mehrfach als eine der besten RechtsanwältInnen Österreichs für Wirtschaftsstrafrecht ausgezeichnet.. Am 1. Februar 2024 ist sie Gastgeberin einer Masterclass zum Thema "Internal Investigations".

RA Mag. Dr. Andreas Pollak ist Partner von petsche pollak und ehemaliger Staatsanwalt. Er ist gefragter Streitbeilegungsspezialist und wird von führenden Magazinen unter die besten Anwälte im Bereich Wirtschaftsstrafrecht gereiht.

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