• Vienna Legal Innovation: Die Potenziale künstlicher Intelligenz richtig nutzen.

Vor einem 120-köpfigem Publikum eröffnete Moritz Mirascija am 16. April die neu konzipierte Vienna Legal Innovation. Das neue Konzept schien aufzugehen, man durfte sich wieder über einen neuen Teilnahmerekord freuen und fast zwei Drittel des Publikums waren nicht nur zum ersten Mal bei der Legal Innovation, sondern auch überhaupt zum ersten Mal bei Business Circle.

Der Geschäftsführer und Bereichsleiter Legal, Compliance & ESG dankte insbesondere den Wegbegleiterinnen der ersten Stunde: Katharina Bisset, Silke Graf und Alisha Andert. Es macht Spaß, immer wieder das Konzept zu bearbeiten und es über Monate zu begleiten, bis man dann endlich dasteht und die Konferenz eröffnet. Sehr viele Gäste durften auch aus Deutschland und der Schweiz begrüßt werden, im deutschsprachigen Raum ist die Veranstaltung mit ihrer Mischung aus Netzwerk und Content einzigartig.

Paneldiskussion: Buzzword KI - Echte Potentiale im Inhouse und in der Kanzlei nutzen

Nachdem es zuerst zwei kurze Impulse zu den Themen „Der Artificial Intelligence Act aus der Policy Perspektive” und “KI in Legal: Die Zukunft ist angekommen und die juristische Arbeitsrevolution hat begonnen” gegeben hatte, entspann sich eine spannende Podiumsdiskussion dazu, wie sich Potentiale künstlicher Intelligenz Inhouse und in der Kanzlei am besten nutzen lassen. Auch wenn seit der Einführung von ChatGPT die künstliche Intelligenz jetzt in aller Munde ist, ist es nicht zu erwarten, dass Anwälte in absehbarer zeit durch Roboter ersetzt werden. Systeme mit künstlicher Intelligenz gab es schon länger, das Neue an den jetzigen Large Language Models ist es, dass diese Systeme mit ganz normale Sprache (ohne Programmierkenntnisse) bedient werden können. Die „Harvey“-AI gibt es schon etwas länger, ohne dass sie außerhalb juristischer Kreise eine größere Aufmerksamkeit erregt hätte. Und selbst bevor Digitalisierung überhaupt ein Thema war, wurde schon mit Musterverträgen und Formatvorlagen für Schriftsätze gearbeitet. KI wir die Arbeit erleichtern, aber nicht ersetzen.

Was Künstliche Intelligenz gut kann:

  • Zusammenfassungen
  • Entwürfe
  • Vergleiche und Beurteilungen
  • Auskünfte (im Sinne davon, Informationen nicht lange recherchieren zu müssen)

Grenzen und Gefahren der KI:

  • Halluzination – Chatbots funktionieren auf sprachlichen Mustern, nicht auf Gesetzen.
  • Chatbots sind nicht up2date, sondern per se immer vergangenheitsbezogen. Zum Beispiel können die jüngsten Gerichtsentscheidungen eben noch nicht berücksichtigt sein.
  • Ein KI-System wird nicht nur durch die Daten beschränkt, mit denen es „gefüttert“ wird, auch können die Personen, welche die Software programmieren großen Einfluss nehmen.
  • Eine weitere Gefahr besteht dadurch, dass man nicht weiß, wo die Daten hingehen, die beim Prompting eingegeben werden.

Key Note: Legal Prompting als neuer Superskill?

Dr. Daniel Halft ist ein ausgewiesener Experte für Künstliche Intelligenz & Digitalisierung im Rechtsmarkt. „Ihr werdet KI-Skills brauchen, um für den Arbeitsmarkt relevant zu bleiben“, wie er eingangs betonte. Gleichzeitig sagte er aber auch, dass man keine Angst haben müsse. Niemand im Publikum habe sich heute morgen von einem mechanischen Wecker wecken lassen und auch niemand noch einen Stadtplan aus Papier bemüht, um das Konferenzhotel zu finden. Die Entwicklung geht jetzt rasch voran. Auf die Frage, ob künstliche Intelligenz jetzt über- oder eher unterschätzt werde, antwortete er mit einem typisch juristischen „es kommt darauf an“: Überschätzt wird die Auswirkung, weil der Hype noch nicht abgeflacht ist, andererseits wird immer noch unterschätzt, was man alles unter Zuhilfenahme künstlicher Intelligenz erreichen kann. Es gibt immer noch Kanzleien, in denen der Charme der 1990er Jahre nicht nur im Gebäude, sondern auch in den Arbeitsprozessen zu finden ist, diese müssen jetzt schauen, dass sie nicht überholt werde, und zwar nicht von LegalBots, sondern von agilen Law Firms, die sich die Vorteile gut eingesetzter KI zu eigen machen. Um repetitive Textbauasteinen automatisch aneinander zu reihen, braucht niemand Jus zu studieren, das könne Computer wirklich besser. Was macht also die erfolgreiche Juristin, den erfolgreichen Juristen der Zukunft aus? KI kann keinen Sachverhalt aufnehmen. KI kann nicht strategisch denken. Wirkliche Kreativität und Verantwortung kann KI nicht, aber vorspiegeln kann sie es schon: viele haben schon E-Mails bekommen, die seltsam generisch wirken. Das steigert nicht gerade die Lust, mit der absendenden Firma zu kommunizieren. Was in Datenbanken steht, sagt kaum etwas darüber aus, was und wie das Unternehmen im Inneren funktioniert. Diese Last Mile zu besetzten wird KI nicht leisten können.
Zum Abschluss zeigte Daniel Halft das Bild eines Surfers, der auf der Welle reitet: „So, und jetzt geht in den Abend, geht netzwerken, diese Fähigkeiten werdet ihr immer brauchen können.“

Blog vli 24 nach frauenpower collage

Der Beginn des zweiten Tages widmete sich ganz dem Thema „Legal meets new Work | New culture, GenX & GENZ“ und die Vortragenden Marguerita Sedrati-Müller, Wolfgang Raschka und David Schneeberger holten das Publikum gleich wieder mitten in die Materie. Die ausführlichen Blogs sind unten im Beitrag verlinkt.

Abschlusspanel: Awarenes schaffen für mehr Digitalisierung und Innovationsdenken im juristischen Ökosystem: Von der Bildung, zur Justiz, zu den Kanzleien und Rechtsabteilungen

Mit Berlin, St. Gallen und Wien war die DACH-Region gut repräsentiert. Hier einige Aussagen aus der Abschlussdiskussion:

  • Es ist besser, mit einem Schriftsatz basierend auf einer ersten Version von ChatGPT zu starten als auf einem ganz leeren Papier.
  • Je jünger die Leute, desto weniger Angst haben sie, durch KI-Anwendungen ihre Jobs zu verlieren.
  • Es ist klar, dass neben den Chancen auch Risiken bestehen. Und da dürfen Unternehmen natürlich risikofreudiger sein, als die öffentliche Hand.
  • Zum Vergleich EU-Regulatorik vs Schweiz: Warum eigentlich nicht das Ganze von der anderen Seite aufziehen; schauen, was man braucht, und dann die Regeln machen. Das bräuchte halt ein Anfangs-Vertrauen in die User, also quasi das Wahlvolk.
  • Wenn ich alle Dokumente ausdrucke und ablege, habe ich Digitalisierung nicht verstanden. Wir denken immer noch in analogen Strukturen, die wir dann halt von Papier auf Dokument umstellen.
  • Wenn man einen schlechten Prozess digitalisiert, hat man einen schlechten digitalen Prozess, aber jetzt mit der Umstellung hätte man die Chance, auch im großen Maßstab Verbesserungen anzugehen.
  • Kein „KI for KI’S sake“. Und schon gar nicht, weil das Management Board jetzt meint, das man das so einführen müsste.

Zum Abschluss gab es ein großes Dankeschön an alle, die über die letzten beiden Tage mit Enthusiasmus und spürbarem Herzblut bei der Sache waren und so die VLI zu einem großen Erfolg gemacht haben. Wie geht es weiter? Juristen lösen juristisch, Tekkies lösen technisch, beides in Reinform bringt nicht unbedingt die idealen Ergebnisse, deswegen ist ein Format wie die Legal Innovation so wichtig.

Die Vienna Legal Innovation ’25 findet statt am 15./16. April.

Zum Weiterlesen finden Sie hier noch Interviews mit einzelnen Vortragenden, welche die behandelten Themen noch vertiefen: 

KI in Legal: Die Zukunft ist angekommen. Interview mit Christian Öhner, PwC Legal

Entwicklung des Legal Innovations Denkens: Interview mit Manuela Kohl

Die Potenziale von KI verantwortungsvoll nutzen – Interview mit David Schneeberger, Uni St.Gallen

Legal Leadership neu denken: Interview mit Marguerita Sedrati-Müller

Erfolgsfaktoren für die Einführung eines CLM-Systems: Sven von Alemann im Gespräch

Legal Innovation mit user experience verbinden: Interview mit Jean-Philippe Doho

Die Rechtsabteilung als Innovation Inkubator: Interview mit Wolfgang Raschka, Siemens

Gehypte Tech-Tools reichen nicht, um zukunftsfit zu sein – Interview mit Katharina Bisset

Innovation an der Schnittstelle von Kanzleien und Rechtsabteilungen: Interview mit Lina Keßler

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